Text und Bildergalerie: Lisa Mittelberger
Faleria – Ein hoher, steinerne Bogen und dahinter der blaue Himmel: ein Teil der Ruine vom Schloss Paterno, unweit von Rom, wo der deutsche Kaiser Otto III. im Alter von 22 Jahre gestorben ist, erscheint mir wie ein magischer Tor zur Vergangenheit nach dem kurzen Weg durch den Wald. Es ist sehr ruhig auf der Spitze des Hügels, das sich nahe am großen Berg von Soratte befindet: fast ein Kind, das in Angesichts eines Riesen lebt. Eine Gruppe von Freiwilligen aus dem nahestehenden Städtchen Faleria begleitet mich bei diesem Spaziergang auf die Spuren des jungen Kaisers. Die Idee ist, die Schlossruine von der wuchernden Vegetation zu befreien und durch einen gut begehbaren Pfad für die Besucher zu öffnen. Während sie auf die nötige Finanzierung der Region Latium warten, arbeiten diese Freiwillige mit eigenen Werkzeugen. Wir fahren mit dem Auto durch eine Landschaft, die mit Olivenhaine und Haselnusspflanzung übersät ist. An manchen Stellen ist es schwierig auf die rumpelige Straße voranzukommen. Wir parken vor einer Hundehütte. Das laute Bellen begleitet uns auf dem Pfad durch den Wald. Der Frühling hat den Boden mit blumigen Farbtupfer verschönert. Die Bäume scheinen zufrieden auf die fragilen Blüten zu schauen. Ich bleibe von der Gruppe etwas zurück, das Hundebellen höre ich nun nur von Weiten. Jemand spricht. Es ist fast ein Geflüster: „Wir sind fast angekommen, mein Herr“. Ich bleibe stehen und denke an den jungen Kaiser, der von diesem Schloss auf dem Weg von Ravenna nach Rom mit seinem Gefolge Halt machte.
„Renovatio imperii Romanorum, Erneuerung des Römischen Reiches“ stand auf seinem Siegel. Rom war das Zentrum seines Traumes, aber auch mit der Ernennung von Papst Johannes XV. im Jahr 985 und Gregor V. im Jahr 996, konnte der Kaiser nicht die Macht der römischen Patrizierfamilien bezwingen. Die Päpste wurden von der Stadt vertrieben und das zweite Mal schaffte Otto III. nicht einmal von Paterno die Ewige Stadt zu erreichen. Die Stimme, die ich sicherlich mit der Phantasie gehört habe, konnte die eines Soldaten seines Gefolges sein. Die Reise muss anstrengend gewesen sein, es war kalt (Otto III. ist im Januar 1002 gestorben), aber vielleicht hat der Kaiser die Zeit gefunden, die Schönheit des Ortes zu schätzen. Als ich den steinernen Bogen erreiche, bin ich so in die Vergangenheit vertieft, dass mich die Präsenz der anderen Personen überrascht. Ich höre mit Interesse die Erklärung des Projektes und folge sie entlang der Schlossmauern. Die angefangene Arbeit ermöglicht es, den Pfad durch die Vegetation zu begehen. Von einer Öffnung können wir einige Schritte ins Innere wagen, wo ein Haufen Steine von einem Sturz bezeugen. Wir gehen entlang der Mauer weiter und bleiben vor einer Art Fenster stehen. Der Grundriss vom Schloss Paterno ist trapezförmig und einer der Seiten geht auf den Monte Soratte hinaus. Ich bewundere die gleiche Aussicht, auf die Otto III. voller Lebensfreude auch geblickt hat. Der Traum von Rom hat sicherlich bei diesem Anblick den Kaiser begleitet.
Vom Tal kommt plötzlich der Lärm einer brasilianischen Musik hervor, die mir unglaublicher als die vermutliche Stimme des Soldaten erscheint. Plötzlich ist es wieder still. Die Ruhe dauert wenig und wird von andere Geräusche unterbrochen: ein Pferdegalopp, Stimmen von Männer und der Klang von Schwerte: hier wurde gekämpft und Kaiser Otto III. verlor sein Leben und seinen Traum. Ich bleibe voller Respekt noch einen Moment stehen und denke, wie groß die Kraft mancher Ideen sein kann und welch eine Lehre der Versuch sie zu verwirklichen auch in die Zukunft ist.
Info
Die Stadt Faleria befindet sich zwischen der Via Flaminia und der Via Cassia unweit von Rom. In der faszinierenden Altstadt kann man die Kirche der „Collegiata“ besichtigen. Auf der gleichnamigen Piazza ist auch der Schloss der Anguillara, eine mittelalterliche Burg, die in der Renaissance in Sitz einer adeligen Familie umgebaut wurde. Direkt davor steht die Kirche von San Giuliano, der Patron der Stadt. Um das Schloss Paterno zu erreichen oder andere spannende Wanderungen in der Gegend zu programmieren, kann man die „Pro Loco“ kontaktieren: www.prolocofaleria.it
Bildergalerie: Maurizio Pennacchio