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Dreiländerecke: Italien-Österreich-SlowenienDie Grenze im Wald (2)

Text und Fotos:Paolo Gianfelici



 Eine Wanderung auf den Weg des Friedens im Sočatal in Slowenien. Zwischen Wäldern und Schluchten kommen die Spuren des Ersten Weltkrieges zum Vorschein

Kobarid (TidPress) – Nach Tolmin steigt die Straße zur Bergspitze im dichten Wald. Das Auto fährt über Steine und Schlaglöcher. Die Landschaft wirkt im herbstlichen Nebel ungewöhnlich. Tolmin kann man nach einer Kurve nicht mehr sehen – die Stadt ist im Nebel eingetaucht. Ich habe den Eindruck, in eine Märchenwelt eingedrungen zu sein. Kahle Baumstämme ragen aus der Erde. Ich würde mich nicht wundern, wenn plötzlich eine Elfe vor meinem Auto stehen würde. Zwischen den trockenen Blättern und den Karststeinen bewegen sich nach dem Regen langsam nur einige Salamander, deren schwarze, leuchtende Haut von gelben Punkten erhellt ist.

Kirche des Heiligen Geistes

Tolminka-Schlucht

Ich bewege mich hier auf dem – heutigen – Weg des Friedens. Zwischen 1915 und 1918 war dieser ein Weg des Krieges. Der Erste Weltkrieg entschied sich durch das Halten der Position und nicht durch rasche Bewegung. Die österreichisch-ungarischen, deutschen und italienischen Soldaten blieben bis zu sechs Monate o sogar ein Jahr lang in den Schützengraben oder in den Höhlen. Die Kälte im Winter war unerträglich, dazu kamen die Einschläge der Artillerie oder die Angriffe mit Giftgas. Der Krieg hatte die Menschen in aggressive Maulwürfe verwandelt.

Ich gehe weiter bergauf und treffe andere Wanderer, die sich zu Fuß oder auf Mountainbikes bewegen. In Javorca sehe ich eine Gruppe, die Nordic Walking macht. Vor der Gruppe läuft ein schwarz-weißer Hund. Es sieht hier lieblich aus: Grüne Wiesen und friedliche Kühe vor dem Hintergrund der Julischen Alpen. Eine steinerne Treppe führt zur Kirche des Heiligen Geistes. Sie wurde im Jahre 1916 als Gedenkstätte für 2564 österreichisch-ungarische Soldaten errichtet, die bei einem Angriff auf den Mrzle Berg gefallen sind. Alle ihre Namen wurden im Inneren der Kirche auf Holztafeln geschnitzt. Es ist ein unheimlicher Ort, wo man auf einer Tafel (des Jahres 1934) lesen kann: „Nachdem die Soldaten zu Asche geworden sind, gibt es keinen Hass mehr“. Traurigerweise hat man es damals als Regel angesehen, dass der Mensch-Soldat den Mensch-Feind nur dann zu hassen aufhörte, wenn dieser tot war.

Im oberen Soèatal hat die Landschaft wunderbare Züge. Von der wilden Natur der Tolminka-Schlucht gelangt man zum smaragdfarbenen Wasser des Soèa. Beim Sonnenuntergang steige ich auf einen Berg oberhalb von Tolmin und blicke auf die besichtigten Orte: den fabelhaften Wald der Elfen und der Salamander, die Schlucht des Flusses Tolminka, die streng gezeichneten Äcker und die schlichten Häuser.

Ich fahre in Richtung Kobarid weiter. Die Straße streift mehrmals die italienische Grenze. Auf dem Kolovrat Berg befand sich die dritte Verteidigungslinie Italiens. Jetzt geht man durch das Freilichtmuseum und blickt auf die Reste von Verteidigungs-, Artillerie-, und Beobachtungsstellen. Von der Spitze des Berges umfasst das Panorama den Soèatal, die Julischen Alpen, die Region Friaul und reicht bis zum Adriatischen Meer.

Ich kenne diese Landschaft erst seit ein paar Tage, aber liebe sie schon zutiefst. Bei der Besichtung des Museums des Ersten Weltkrieges in Kobarid schauderte ich beim Anblick der Fotos des Krieges vor Entsetzen. Den Einwohner ging es auch nicht viel besser als den Soldaten, und als sie wieder in ihre Häuser zurückgehen konnten, fanden sie weitere Vernichtung und die Verschmutzung, die die vielen Waffen und Giftgase hinterlassen hatten. Es ist ein Wunder, dass das ehemalige „schwarze Loch“ jetzt schön und faszinierend geworden ist.

Info:

www.slovenia.info

Der Weg des Friedens Pot Miru ist ein Rundgang, der von Friaul bei Drenchia (in der Nähe von Cividale del Friuli) startet und die Spitze des Kolovrat Berges erreicht. Die Natur ist schön und ruhig, aber die Landschaft ist auch von der Geschichte des Ersten Weltkrieges geprägt. Der Weg des Friedens verbindet die Hinterlassenschaften der Isonzofront und die Naturschönheiten des oberen Soèatals. Er wurde dem Gedenken der vielen Opfer des Ersten Weltkrieges gewidmet.
www.potmiru.si

Sehenswert sind auch die zwei Städte Kobarid und Tolmin.

Sočatal


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