Terra Italia

Mythos Florenz: Wer kennt ihn nicht!

E.Ch. & U.H.

Seit Jahrhunderten lebt Florenz von einem besonderen Charme, der die Stadt bereits im 19. Jahrhundert zum Reiseziel vieler gebildeter Künstler machte. Antike Fotos, Gemälde, Einrichtungs- und Dekorationsgegenstände stehen im Mittelpunkt der neuen Ausstellung in den Uffizien und portraitieren die Stadt, wie sie einmal war.



Henry Holiday, Skizze zu:
Dante trifft Beatrice

Thomas C. Hartley Landschaftsbild

Florenz (Terra Italia) – Tagtäglich bietet sich dem genauen Beobachter im Zentrum von Florenz das gleiche Bild: Hunderte von Touristen stehen Schlange vor dem Eingang zu den Uffizien, Menschenmassen drängen in den Dom, und Scharen von Amerikanern und Japanern warten vor der Galleria dell’Accademia, um Michelangelos „David“ zu sehen. Auf der ganzen Welt hat sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine Art „Idee“ – sozusagen ein verschönerndes Bild der lieblichen Toskana mit dem Kunstzentrum Florenz – durchgesetzt, die nach wie vor beinahe unverändert ist. Jährlich entscheidet sich eine große Anzahl an Touristen – viele stammen natürlich aus dem deutschsprachigen Raum – für einen Toskana-Urlaub. Ist es wegen der sanften Hügellandschaft, des milden Klimas, der einfachen, aber exzellenten Küche, oder vielleicht ein Mix aus all dem, was uns so sehr anspricht? Goethe dürfte diesmal nicht der Grund für die Toskana-Liebe der Deutschen sein, war ihm doch Florenz auf seiner Reise nach Italien (1786-1788) nur eine kurze Tagesetappe wert. Der Ursprung dieses Phänomens ist demnach anderswo zu suchen.

Ausgehend von England und Amerika wurde der Mythos Florenz zur Inspirationsquelle vieler berühmter Reisender. Einige ihrer Werke sind von 6.4 bis 31.8 2004 in der originellen Ausstellung „I giardini delle regine; il mito di Firenze nell’ambiente preraffaellita e nella cultura americana fra Ottocento e Novecento” (Die Gärten der Herrscherinnen; der Mythos von Florenz im Umfeld der Präraffaeliten und in der amerikanischen Kultur an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert) zu betrachten. In den Uffizien sind daher einerseits Gemälde, Fotos, Möbel und Dekorationsgegenstände aus dem einstigen Florenz zu bewundern, die die Affinität der Ausländer zu ihrer Wahlheimat portraitieren; andererseits sind auch Werke der Protagonisten selbst, der Präraffaeliten, zu sehen, die in der Stadt ansässig waren. Die 12 Ausstellungsräume bieten dem Besucher eine fantastische Reise in die Heimatstadt von Boccacccio und Dante. Man meint beinahe in den Darstellungen und Objekten von Literaten wie Elisabeth Barrett Browning, Giorge Eliott und John Ruskin oder Kunstsammlern wie Demidoff oder Stibbert die Atmosphäre der Vergangenheit zu spüren und ihr Leben in den Villen und Gärten rund um Florenz nachempfinden zu können.

Auf die Lebensart zur Jahrhundertwende und den Kult für Haus und Garten der damaligen Damen bezieht sich auch der ausgefallene Titel der Ausstellung. Es handelt sich dabei um ein Zitat aus einem Werk John Ruskins, in dem er die perfekte Erziehung der Frauen und vor allem das ideale Frauenbild in der viktorianischen Gesellschaft beschreibt. Beinahe engelsgleich, gepflegt und gebildet waren diese Damen und ihre besondere Aufmerksamkeit schenkten sie, neben der tadellosen Organisation des Haushaltes, vor allem den Gärten. Eine umfangreiche Sammlung von Kunsthandwerk und Möbeln lässt den Besucher auch die Stimmung in den einstigen Häusern nacherleben: Besonders in den ersten Ausstellungsräumen findet man herrliche Holzstühle mit Intarsien und Schnitzereiarbeiten, ziselierte Ziergegenstände aus Gold und Marmor, Gold- und Silberschmuck, gestickte Spitzendecken und verzierte Keramiken wie Vasen und Teller. Versäumen Sie hier nicht, den Teller mit dem Motiv von „Botticellis Frühling“ aus dem Jahr 1883 zu bewundern.
Die von Margherita Ciacci und Grazia Gobbi Sica geleitete Ausstellung bietet auch einen wunderschönen Katalog (Sillabae), der neben genauen Hintergrundinformationen auch interessante Aufsätze zum Thema Jahrhundertwende verzeichnet.

INFO:
„I giardini delle regine; il mito di Firenze nell’ambiente preraffaellita e nella cultura americana fra Ottocento e Novecento”
6.4.- 31.8.2004, Galleria degli Uffizi, Florenz
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 8.15-18.50
Für Informationen: Firenze Musei
Tel: +39 055 2654321
E-Mail: operapren@tin.it

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