Wagen Erster Kategorie (Foto G. Polcri)
In Italien ist alles o.k. (Foto G. Polcri)
Viareggio (Terra Italia) – Ein langer Sandstrand, eine breite, von Palmen gesäumte Uferpromenade, Jugendstilbauten und – natürlich – Scharen von Touristen: So könnte eine Kurzbeschreibung von Viareggio im Sommer aussehen. Können Sie sich diese Stadt, die hauptsächlich vom Tourismus lebt, auch im Winter vorstellen?
Wie die meisten Orte am Meer, ist auch Viareggio in der kalten Jahreszeit stiller und leerer und empfängt höchstens an den Wochenenden italienische Familien, die es trotz Wolken und kaltem Wind an den Strand lockt. Diese allgemeine Ruhe und Beschaulichkeit wird allerdings im Februar kräftig gestört. Einen ganzen Monat lang herrscht nämlich Karneval und die Uferpromenade füllt sich alljährlich mit fröhlichen, lachenden und lärmenden Menschen: Es werden bis zu 50.000 Besucher erwartet.
Am 8.2.2004 wurde pünktlich um 15 Uhr mit drei Schüssen, und dieses Jahr sogar mit Fallschirmspringern, der Beginn des Karnevals eingeleitet. Bereits am frühen Morgen wird man als Besucher regelrecht in die Karnevalsstimmung hineingezogen. Die lockenden Rufe der Verkäufer an den Marktständen, die neben typischen Süßigkeiten wie Croccante ai noci (Nuss-Honig Krokant) auch verschiedenste Hüte und Perücken anbieten, flanierende Paare mit ihren oft reizend maskierten Kindern, ein Geruch von frisch gebackenen Krapfen (Bomboloni) in der Luft und die Straßen übersät von bunten Konfetti, ja, das ist Carnevale!
Besonders gut beobachten lässt sich dieses Spektakel von der Terrasse des eleganten Palace-Hotels, von der aus man sogar bis an den leeren Strand sehen kann. Um die Mittagszeit wird dann das Gedränge der Besucher immer stärker, die Musik aus den Lautsprechern lauter und die Kinder ungeduldiger. „Mamma, quando cominciano?“ (Mama, wann fangen sie endlich an?), ist eine ihrer Hauptfragen an diesem Tag.
Dann endlich, nach feierlicher Begrüßung der Veranstalter und des Bürgermeisters, kann es losgehen. Der Zug der riesigen, bis ins kleinste Detail geschmückten Wagen aus Pappmaché beginnt auf der Uferpromenade. Zehn Wagen der Ersten Kategorie, die bis zu 40 Tonnen wiegen, fünf kleinere der Zweiten Kategorie und einige weitere versuchen, die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen und den Wettstreit um den ersten Platz zu gewinnen.
Auch dieses Jahr beschäftigt sich der Umzug wieder mit aktuellen Themen des Weltgeschehens und parodiert Probleme aus Politik und Gesellschaft. So zeigt etwa der Wagen Sicurezza 626….In Italia è tutto ok! (Sicherheitsgesetz Nr.626, in Italien ist alles in Ordnung!) eine riesige gelbe Clownsfigur, die auf dem Kopf steht und das Parlament symbolisieren soll. Die Konstruktion möchte damit auf die schwierige Wirtschaftsentwicklung des Landes und vor allem auf die vielen leeren Versprechungen, was die Beschaffung neuer Arbeitsplätze angeht, hinweisen.
Besonders originell gestaltet ist auch der Wagen „Il mostro oltre lo schermo“ (Das Monster hinter dem Bildschirm), der den negativen Einfluss der Massenmedien auf unsere Kultur anprangert. Das Fernsehen wird als unheimliches Monster gezeigt, das die Menschen durch banale Programme und Shows immer mehr vom Denken abhält.
Das Thema Fernsehen ist dieses Jahr noch aus einem anderen Grund besonders aktuell: Abgesehen von 131 Jahren Karneval feiert Viareggio auch 50 Jahre Karneval im Fernsehen. Am 21.2.1954 wurde der Umzug erstmals live übertragen, was natürlich sehr zum Bekanntheitsgrad der Veranstaltung beitrug.
Ja, bekannt und beliebt, bei Kindern und Erwachsenen, ist der Karneval von Viareggio, und so wird die Uferpromenade am 15.2., 22.2., 24.2. und 29.2. buchstäblich in karnevalistische Begeisterung übergehen. Wer in Ruhe das Meer genießen möchte, reist dann doch lieber erst ab März an.
INFO:
Zum Karneval: www.ilcarnevale.com
Hotel Palace, Tel.: +39 058446134, E-Mail: info@ palaceviareggio.com