Der Händedruck der beiden Regierungschefs
Verona (Terra Italia) – Das etwa einstündige Gespräch des italienischen Ministerpräsidenten mit dem deutschen Bundeskanzler fand im weiträumig abgesperrten Amtssitz des Repräsentanten der römischen Zentralregierung, des Präfekten der Provinz Verona, statt. Während Silvio Berlusconi mit seiner Wagenkolonne bis unmittelbar vor den Eingang der Präfektur vorfuhr, kam Gerhard Schröder zu Fuß. Nach einer kurzen Begrüßung und einigen Worten an die wartenden Journalisten verschwanden die beiden Regierungschefs zu einem vertraulichen Meinungsaustausch ins Gebäude. Auf der anschließenden Pressekonferenz in einem kleinen Saal der Präfektur (und nicht, wie angekündigt, im Palazzo della Gran Guardia gegenüber der Arena) outete sich Berlusconi als großer Freund der Bundesrepublik Deutschland, die seiner Meinung nach der wichtigste Partner Italiens ist. Zwischen beiden Ländern sowie zwischen beiden Regierungschefs habe nie ein schlechtes Verhältnis bestanden. Neben Themen wie Afghanistan, Irak und Nahost sei es vor allem um den Entwurf der europäischen Verfassung gegangen, über die nach Berlusconi ausschließlich die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten abstimmen sollten. Schröder bestätigte weitgehend die Worte seines Gesprächspartners, deutete aber an, dass Italien in Detailfragen noch Änderungswünsche an der vorgeschlagenen europäischen Verfassung habe. Er dagegen plädiere für eine unveränderte Annahme, um nicht die „Büchse der Pandora“ zu öffnen. Der Bundeskanzler erklärte weiterhin, er werde frühestens im nächsten Jahr wieder zu einem Urlaub nach Italien reisen können, da sein Jahresurlaub 2003 bereits erschöpft sei.
Als Berlusconi auf seine Absage der Teilnahme an der Carmen-Aufführung angesprochen wurde, verwies er auf geheimdienstliche Warnungen, die behaupteten, es seien in großen Mengen Trillerpfeifen verkauft worden, die für ein Pfeifkonzert während der Vorstellung vorgesehen gewesen seien. Aus Respekt vor der Arena von Verona und aus Angst vor internationalen Verwicklungen habe er darum seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. – Man mag dies glauben oder nicht, jedenfalls hat Berlusconi auf diese Weise eine direkte Begegnung mit seinem Herausforderer Romano Prodi vermieden.
Nach dem Gespräch begab sich Berlusconi zu einem kurzen Höflichkeitsbesuch ins Rathaus von Verona, wurde allerdings beim Verlassen des Gebäudes von einigen Pfiffen empfangen, die aber keine große Resonanz in der wartenden Menge fanden, in der auch viele Deutsche waren. Angesichts der Harmlosigkeit des Protests ist es doppelt schade, dass die (vielleicht illusionäre) Erwartung eines harmonischen europäischen Festes mit dem Trio Berlusconi/Prodi/Schröder enttäuscht wurde. Enttäuscht wurden auch die Erwartungen des Bürgermeisters von Verona, der sich gewünscht hatte, wie er bei einem kurzen Gespräch mit TERRA ITALIA sagte, drei wichtige Protagonisten der europäischen Zukunft würden sich in seiner Stadt an einen Tisch setzen und gemeinsame Perspektiven erarbeiten.
Soweit ist es nun offensichtlich nicht gekommen. Dagegen hat der Veroneser Bürgermeister erreicht, dass die Tage von Verona für einige Zeit in aller Munde waren und sogar von Journalisten aus dem fernen Peking aufmerksam verfolgt wurden – und dies ist doch wohl kein schlechter Publicity-Erfolg für die Stadt an der Etsch.
Der italienische Ministerpräsident
bei der Pressekonferenz