Text Cora Ebeling, Fotos Oliver Blum
Pompeji – Man sollte nicht meinen, dass ein paar Sammelcontainer und biologisch abbaubare Tüten für getrennte Abfallentsorgung ein Anlass sein könnten, die Presse zu versammeln und die Nachricht als Sensation darzustellen. Doch in diesen Breitengraden sind Mülltrennung und Wertstoffrückgewinnung keineswegs selbstverständlich und bedeuten für Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit seit geraumer Zeit ein großes Problem. Zu diesem Thema fand nun in Pompeji eine Pressekonferenz statt unter dem Motto „Hospitum discrimina, barbarorum incuria“, was so viel bedeutet wie „der Gast ist aufmerksam, der Barbar ist gleichgültig“. Stolz wurden die neuen Wertstoffsammelcontainer vorgestellt, von denen insgesamt 80 auf dem archäologischen Gebiet verteilt sind, in denen man Papier, Plastik und Metall, Glas, Bio- und Restmüll getrennt entsorgen kann. Die Besucher erhalten am Eingang einen Plan, wo die „ökologischen Inseln“ eingezeichnet sind, außerdem fordern 25 mehrsprachige Info-Tafeln mit lateinischen Redeweisen wie „Facta non verba“ und „Ignorantia legis non excusat“ als Überschrift zur korrekten Abfallentsorgung auf.
In dem 800 ha großen Vesuv-Nationalpark hingegen können wegen der wilden Tiere keine Müllbehälter aufgestellt werden, so bekommt jeder Besucher drei biologisch abbaubare Tüten am Eingang des Parks, in die er die verschiedenen Abfälle entsorgen und die er am Ausgang wieder abgeben kann.
Sponsor der Veranstaltung war das landes- und europaweit größte Recycling-Unternehmen Conai, das jährlich über 8 Millionen Tonnen Verpackungsabfälle wiederverwertet und mit dem Abfall-Recycling in Pompeji beauftragt wurde.
Roberto De Santis, Präsident des von privaten Firmen finanzierte Großunternehmens, betonte, dass getrennte Müllentsorgung und Wiederverwertung in einem Ort wie Pompeji eine große Verantwortung darstelle, da es sich um eine der meist besuchten touristischen Stätten der Welt handle (2,5 Mio. Besucher im Jahr) und das einzigartige kulturelle Welterbe in jeder Hinsicht geschützt werden müsse. Dieses Projekt sei Teil eines Programms für die Wiederaufwertung der müllgeplagten Gebiete in Süditalien.
Teresa Elena Cinquantaquattro von der archäologischen Aufsichtsbehörde für Neapel und Pompeji erklärte, dass eine korrekte Müllentsorgung in Pompeji auf Grund der hohen Besucherzahl die gleiche Problematik größerer Städte mit sich bringt, dazu aber von der großen Verantwortung belastet wird, eine 2000 Jahre alte Stätte zu schützen, die zudem zum Unesco-Weltkulturerbe gehört.
Auch Umweltminister Corrado Clini war zu dem Medien-Event geladen, der den anwesenden Journalisten erklärte, die Region Kampanien habe in den letzten zwei Jahren 30% mehr Müll entsorgt und sei inzwischen am vierten Platz in Italien was die Abfalltrennung betreffe. Dies sei für eine so geplagte Region, die bekanntermaßen von kriminellen Organisationen beherrscht wird, ein außerordentliches Resultat und bedeute einen großen Schritt zur Bekämpfung der Illegalität.
Nur mit konkreten Initiativen wie der Erziehung und Anleitung zur Mülltrennung könne man mit dem Beitrag und der Zusammenarbeit aller Beteiligten weitere Ziele erreichen. Die Abfallkampagne in Pompeji sei dafür ein Paradebeispiel und müsse als Zugpferd für alle umliegenden Gemeinden dienen.
Der Präsident des Umweltverbandes Legambiente Campania Michele Buonomo schloss die Pressekonferenz mit den Worten, endlich spreche man von den archäologischen und kulturellen Schätzen dieser Region nicht nur auf Grund alarmierender Tatsachen wie Einsturzgefahr, Illegalität und Kriminalität, sondern als ein Beispiel des territorialen Wachstums und der Entwicklung sowie als Demonstration, dass auch in dieser viel diskutierten Region neue Initiativen für nachhaltige Entwicklung entstehen können.
Ob diese Worte nun den Tatsachen entsprechen, bleibt abzuwarten. Immerhin ist ein Anfang gemacht und guter Wille gezeigt worden. Bei all den negativen Nachrichten über Neapels Müllprobleme ist eine positive Notiz eine willkommene Abwechslung.
Zumindest wäre es dem Land am Fuße des Vesuvs zu wünschen, dass den gleichgültigen Barbaren endlich Einhalt geboten wird.
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