Daniel Brühl, „Nebenan“
Text: Elvira D’Ippoliti
In Taormina weht nach vielen Tagen heißem Schirokko ein frischer Wind. Auf der Bühne des antiken Theaters werden die Gewinner der 67. Ausgabe des „Taormina Film Fest“ angekündigt. An den deutschen Regisseur und Schauspieler Daniel Brühl gehen die zwei wichtigsten Preise: Der „Cariddi d’oro“ für den besten Film und der „Maschera di Polifemo“ als bester Schauspieler. Das Erstlingswerk des deutschen Regisseurs hat die Wettbewerbskommission überzeugt, weil der Film einen tiefen Einblick in der Welt eines zeitgenössischen Schauspielers gibt, der in Berlin lebt. Wo durch die Gentrifizierung die alten Bewohner der Stadt ihr Haus verlieren, weil es von reichen Leuten gekauft wird. Als beste Schauspielerin wurde die italienische Matilda de Angelis, Hauptdarstellerin im Film „Atlas“, prämiert. Den Preis für die beste Regie gewannen Roberto De Feo und Paolo Strippoli mit dem Film „A Classic Horror Story“.
Taormina und die Einsamkeit: Die letzten beide Filme im Wettbewerb der 67. Ausgabe des „Taormina Film Fest“ handeln von verzweifelten Menschen. Im grauen und regnerischen Lugano sucht Allegra, ein Mädchen, das eine Terrorattacke überlebt hat, eine Spur Normalität. Ihr Freund und ihre beste Freundin sind tot und ihre Verletzungen machen es für sie schwer, auf die Schweizer Berge zu klettern. Was ihre Leidenschaft ist. Es ist ihre Idee gewesen, gemeinsam mit den Freunden nach Marokko zu fliegen, um das Atlas-Gebirge zu erklimmen, wo sie auch in die Terrorattacke verwickelt wurden. Was in diesem Film beeindruckt, ist, dass die schöne Stadt am See den Gemütszustand der Darstellerin widerspiegelt. Wenn sie glücklich ist, scheint die Sonne; nach der Tragödie ist das Wetter immer schlecht. Die Hoffnung und die Möglichkeit, aus der Natur auch in schwierige Momente Kraft zu tanken, fehlt in diesem Film, in dem die Darstellerin das Vertrauen zu anderen verloren hat und sehr einsam ist.
„Long Day“ des chinesischen Regisseurs Yumo Luo ist ein schwarz-weiß Film, der viele Farben hat. Einsamkeit und Unmöglichkeit miteinander zu reden, ist die mit vielen Details geschilderte Alltäglichkeit in einer Großstadt in China. In der überraschungsvoll der Kapitalismus das Leben der Bewohner prägt. Ein Rider bekommt eine Geldstrafe von der Firma, weil ihm eine falsche Adresse gegeben wurde und er das Essen nicht pünktlich ausgehändigt hat. Eine Kassiererin verliert die Arbeit, nachdem im Geschäft Waren geraubt worden waren. Die Polizei fährt von einem Haus zum anderen, um kleine Streite zu schlichten und lässt ein kleines Mädchen alleine zu Hause, als die Mutter verhaftet wird. „Long Day“ ist ein sonderbarer Film, in dem der Regisseur eine sehr lange Szene wagt, in der die Kamera eine junge Frau ins Bild nimmt, die ein Buch liest, während sie mit dem Kopfhörer die Klaviersonate Nr. 8 von Beethoven hört. „Long Day“ ist ein sehenswerter Film, der mit Atlas den Eindruck gibt, dass die Städte schon in Ordnung sind, aber diejenigen, die dort wohnen, nicht stimmen. Auch „Occhi Blu“ der italienischen Regisseurin Michela Cescon unterstreicht diese Tatsache. In einem Rom, das weder schön noch hässlich, sondern nur entfremdend ist.