Büste einer jungen Frau, 1911,
Sammlung Frances und Bernard Laterman
Karyatide oder „Mademoiselle Grain de Café“,
1911-1912, Düsseldorf,
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen
Mailand (Terra Italia) – Am 21. März wurde in den eindrucksvollen Räumen des Palazzo Reale die lange erwartete Ausstellung eröffnet, die dem Maler Amedeo Modigliani (Livorno 1884 – Paris 1920) gewidmet ist. Der Künstler ist eine legendäre Persönlichkeit des frühen zwanzigsten Jahrhunderts mit einer faszinierenden Biographie als Künstler und Mensch. Die Besucher können bis 6. Juli 2003 144 Werke betrachten, die aus den größten Museen der Welt und aus privaten Sammlungen stammen. Gezeigt werden auch bisher unveröffentlichte Gemälde.
Mailand ist die einzige italienische Station der Ausstellung, die bereits im Musée du Luxemburg in Paris zu sehen war. In Mailand wird aber keine einfache Kopie der Pariser Ausstellung gezeigt, sondern eine neue Version, die sich von der ersten in der Auswahl der Werke und im Ausstellungscharakter unterscheidet. Die Modigliani-Ausstellung repräsentiert die Beziehungen zwischen der italienischen und internationalen Kunst. Die künstlerisch-schöpferische Begabung Modiglianis steht beispielhaft für die italienische Kultur, die in den beiden ersten Dekaden des zwanzigsten Jahrhunderts nach Paris gelangt ist.
Die Ausstellung ist in vier Abteilungen gegliedert, welche die gesamte Zeitspanne von Modiglianis Ankunft in Paris im Jahre 1906 bis zu seinem tragischen Ende – er starb mit 35 Jahren an Lungentuberkulose – umfassen. Die erste Abteilung trägt den Titel „Paul Alexandre: Arzt und Mäzen“ (Paul Alexandre: il medico-mecenate) und spiegelt das künstlerische Schaffen von 1906-1913 wider. In dieser Periode lenkte Modigliani seine Aufmerksamkeit auf idealisierte, vereinfachte Menschengestalten. Hier findet der Besucher eine Reihe berühmter Ölgemälde und Zeichnungen mit Karyatiden, die von der afrikanischen Kunst inspiriert sind. Beeindruckend ist vor allem das Bild „Büste einer jungen Frau“ (Busto di giovane donna) von 1911, eines der ersten Gemälde Modiglianis, auf dem die Formen fast gereinigt erscheinen; die Farben sind erhaben, der Hals ist verlängert und der Blick abwesend. Dieses wichtige Werk markiert den Übergang des Künstlers von der Malerei zur Bildhauerei. Die Nase ist fast dreidimensional und symbolisiert eine Kunst, die den Formen die Priorität verleiht. Der Künstler vermeidet es bewusst, den Blick des Mannequins darzustellen, und interpretiert so die Seele der Frau.
Der zweite Abschnitt ist dem „Kaufmann und Sammler“ Paul Guillaume (Paul Guillaume: il mercante-collezionista) gewidmet. Einige Gemälde dieser Periode (1914-1917) zeigen Beatrice Hastings, seine damalige Freundin. Den Hintergrund der Porträts bildet die psychologische Introspektion jener Frau. Die dritte Abteilung „La Collezione Jeanne Hébuterne“ enthält Bilder, die Modigliani von Jeanne Hébuterne, seiner Muse und letzten Geliebten, angefertigt hat. Die Liebenden vereinte nicht nur eine erotische Bindung, sondern auch eine intensive schöpferische Beziehung. In der vierten Abteilung „Zborowski: Händler und Dichter“ (Zborowski: mercante-poeta) sind berühmte weibliche Akte der Jahre 1917-1920 zu sehen.
Für 5 Euro können Audioführer (Minirecorder mit Kopfhörer) auf Italienisch und Englisch ausgeliehen werden. Sie ermöglichen den Besuchern eine Reise in die Zeit Modiglianis und führen sie mit Musik und Klangeffekten in die betörende Welt des Künstlers aus Livorno.
Info: Amedeo Modigliani. L’angelo dal volto severo (Palazzo Reale, Piazza Duomo, 12 – Mailand) Tel. +39-02-875672, Fax +39-02-875728. 21. März – 6. Juli 2003). www.amedeomodigliani.it
Öffnungszeiten: täglich 10.00 – 20.00 Uhr; donnerstags 10.00 – 23.00 Uhr. Eintritt: Erwachsene 9,00 Euro; ermäßigt 7,50 Euro.