Trient. Foto:A.P.T. Trento Monte Bondone
Trient (Terra Italia) – Wenn man Ende Juli abends über die Straßen und Plätze der Stadt flaniert, ist die Luft von belebender Frische erfüllt. Während im übrigen Italien eine drückende Hitze und Feuchtigkeit herrscht, weht hier von den Alpen ein frisches Lüftchen hinüber, das den Duft der Kiefernwälder mitbringt. Wir befinden uns im Grenzbereich zwischen Nord- und Südeuropa, zwischen romanischer und germanischer Welt. Das kann man spüren und auch sehen. Auf dem Weg vom Domplatz zum Castello del Buonconsiglio scheinen romanischer, gotischer, Renaissance- und Barockstil zu einer einzigartigen Harmonie zu verschmelzen. Die Paläste der politischen und religiösen Herrscher mit ihrem gotischen Stil spiegeln die Pracht an den Höfen der Alpenländer wider. Die Renaissancehäuser gegenüber dem Neptunbrunnen tragen einfache architektonische Züge, sind aber mit Fresken verziert, die, wohl einmalig in Italien, die Fassaden vollständig bedecken.
Die Ausstellung bietet die Möglichkeit, Trient zu besichtigen und in den Räumen des Castello del Buonconsiglio und im Diözesanmuseum 180 Kunstwerke zu bewundern, die aus Museen, Bibliotheken, Kirchen, Abteien und Wallfahrtskirchen aus acht verschiedenen Ländern stammen. Es ist eine Reise in die Geschichte, ins Herz Europas diesseits und jenseits der Alpen. Eine Reise zwischen Fresken, prächtigen Gobelins, mit Miniaturen verzierten Gesetzesbüchern, Kruzifixen, die das Leid ausdrucksstark darstellen, und schönen Madonnen, Fastentüchern und kostbaren Goldschmiedearbeiten.
Während sich in Florenz zu Beginn des 15. Jahrhunderts mit Donatello, Masaccio und Jacobo della Quercia eine neue Kunstrichtung etablierte, die die Vortrefflichkeit der menschlichen Natur in den Mittelpunkt stellte, setzten sich die Höfe der Herzoge von Österreich und Savoyen, der Grafen von Görz, der Fürsten-Bischöfe von Trient und Salzburg selbst ein Denkmal, indem sie auf Fresken und Gobelins Episoden aus dem Ritterleben wie das Epos des Königs Artur und seiner Ritterrunde darstellen ließen. Oder sie beauftragten einen anonymen Goldschmied aus Konstanz damit, die heilige Ursula oder die heilige Emerita mittels vergoldeter Silberbüsten darzustellen. Aber die Heiligen haben nichts Religiöses an sich: Ihre Frisuren und Kleider sind von der gleichen Eleganz wie die der zeitgenössischen Damen, ihre Gesichtszüge und ihr Blick von einer verwirrend weiblichen Ausstrahlung.
Am Ende der Ausstellung durchquert man einen außerordentlich langen Korridor im Castello del Buonconsiglio mit einem Panoramablick auf das historische Zentrum von Trient und gelangt zur Torre Aquila (Adlerturm). “Die Monatszyklen”, eine Freskenmalerei auf den vier Wänden des Turmes, stellen die 11 Monate des Jahres dar (der März fehlt), ein wunderschönes Dokument, das einem – besser als alle Geschichtsbücher – mit Hilfe eines Audio-Führers das alltägliche Leben im Mittelalter deutlich macht. Der Monat Januar wird durch ein Schloss in einer schneebedeckten Landschaft dargestellt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Malerei haben wir es hier mit der Darstellung einer Winterlandschaft zu tun. Edelmänner mit ihren Damen vergnügen sich beim Schneeballsspiel vor einer Zugbrücke. In der Ferne verfolgen zwei Jäger den Fuchs mit ihren Hunden. (Informationen unter www.buonconsiglio.it und www.museodiocesanotridentino.it)
Wer sich zwei Tage in Trient aufhält, sollte den nahegelegenen Monte Bondone besteigen und den interessanten Botanischen Garten besuchen, wo zahlreiche vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten erhalten werden. Unter anderem bekommt man Getreidearten wie das Heidekorn zu sehen, die einstmals in den Bergen angebaut wurden.
Beim Mittagessen auf der Alm “Brigolina di Viote” kann man bei wunderbarer Aussicht Polenta mit Gulasch, weiche und ausgereifte Käsesorten, Pilze und Waldfrüchte mit ganz frischer Sahne genießen. Alles wird auf der Alm hergestellt. Wer Lust auf Honig hat, kann in der nahegelegenen “Baita del miele” (Almhütte des Honigs) die Bienenkönigin “live” erleben.
Übernachten sollte man im “Grand Hotel Trento”, einem klassischen Vier-Sterne-Hotel mit einer etwas altertümlichen Atmosphäre, in dem man vielleicht nicht alle neumodischen Dienstleistungen vorfindet, wo man aber zur Entspannung oder zur Behandlung von Arthrose und Rheuma Heublumenbäder nehmen kann, und wo der Gast immer vom Bedienungspersonal verwöhnt wird.
Als Restaurants empfehlen sich “Chiesa” und “Due Spade” im historischen Zentrum von Trient. Beide verfügen über Innenhöfe mit Tischen im Freien, wo dem Gast die für Trient typischen Gerichte mit duftenden Blüten serviert werden, so Polenta-Auflauf und Steinpilze mit Lindenblüten, Gemüseklößchen und Käse mit Kresseblüten und zum Dessert Halbgefrorenes mit Rosenblättern!
Der Berg Bondone. Foto:A.P.T. Trento Monte Bondone