Terra Italia

Spaziergang durch die Römerstadt Saepinum

Richard Bruetting

Wer antike Ruinen mit den Augen eines Winkelmann oder Goethe sehen möchte, hat dazu in Saepinum, dem heutigen Altilia di Sepino, eine besondere Gelegenheit, und das, ohne auf Touristenschwärme zu treffen oder eine Lira Eintritt zahlen zu müssen.




Pastorale Szene an der Porta Boiano

Das Amphitheater von Saepinum

Sepino (Terra Italia) – “Campo Vaccino” (Kuhweide), so heißt in Goethes Italienischer Reise das Forum Romanum, jener illustre Ort mit seinen Tempeln, Ehrenbögen, Siegessäulen und Statuen, der in der Antike der “Nabel” der Welt sein wollte, im Mittelalter jedoch verfallen ist. Ausgrabungen wurden auf dem römischen Fressplatz für Rindvieh erst nach 1803 vorgenommen; und heute ist das Forum Romanum ein eingezäunter archäologischer Park, von strengen Wächtern argwöhnisch kontrolliert.

Ruinen des klassischen Altertums so erleben zu können, wie dies Goethe und seine Zeitgenossen Ende des 18. Jahrhunderts auf ihren Italienreisen taten, dazu bietet sich das molisanische Altilia di Sepino an. Dort ziehen auch heute noch Rinderherden durch die Straßen der einstigen Römerstadt, die auf den Trümmern einer samnitischen Siedlung erbaut wurde. Und die Überreste der antiken Bauten sind in Bauernhäusern aus den letzten drei Jahrhunderten wieder erstanden, in denen sich versunkene Vergangenheit und lebendige Gegenwart einander die Hand reichen. Gar manche marmorne Inschrift hat nämlich ihren Platz als Schmuckstück an der Wand eines Wohnhauses gefunden, und vor römischen Grabmälern gackert, meckert und muht immer noch allerlei Horn- und Federvieh.

Durch Altilia, das eine um Christi Geburt errichtete Stadtmauer mit vier prächtigen Toren umsäumt, führte einst der “Tratturo”, der Fernwanderweg (Trift) für Viehherden; heute liegt es an der Schnellstraße von Campobasso nach Benevent. Die Stadt besitzt ein gut erhaltenes Amphitheater – es ist von Bauernhäusern des 18. Jahrhunderts umgeben, die sich harmonisch in die Reste der antiken Anlage einfügen –, ein Schwimmbad, Thermen, eine Sporthalle, ein Gerichtsgebäude, einen Lebensmittelmarkt usw., eben alles, womit in der Römerzeit ein wohlhabendes Gemeinwesen ausgestattet war. Ansehnliche Brunnen und Tempel umrahmen das Forum, und an zentraler Stelle ragen die eindrucksvollen Säulen der Basilika in den Himmel. Eine der vielen Kuriositäten sind die sog. “eingegrabenen Krüge”, mit Ziegelsteinen verkleidete und miteinander verbundene Vertiefungen, die vermutlich zur Aufbewahrung von Olivenöl dienten. Außerhalb der Stadtmauern finden sich zwei Mausoleen, das des Publius Numisius Ligus und das des Caius Ennius Marsus. Vor einer prächtigen Naturkulisse erhebt sich so ein geschichtsträchtiger Ort, den nur wenige Touristen betreten (weitere Informationen über E-Mail: saepinum@net-point.it).


Das Grabmal des Caius Ennius Marsus

Die Saeulen der Basilika von Saepium
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