Mailand (Terra Italia) – “Mailand wird wieder an der Spitze der
künstlerischen Avantgarde stehen!” Diesen Anspruch erhebt die Metropole
der Lombardei mit der für nächstes Jahr geplanten Eröffnung des “Museo del
Presente”. Das “Museum der Gegenwart” soll ein außergewöhnliches Domizil
beziehen: das ehemalige Gaswerk von Bovisa
(www.milano.artecontemporanea.org).
Einen Vorgeschmack auf dieses Museum vermittelt die Ausstellung “Anteprima
Bovisa. Milano Europa 2000″, die vom 19. Mai bis 16. September im
“PAC/Padiglione d’Arte Contemporanea” (via Palestro, 14 – Milano) und im
“Palazzo della Triennale” (via Alemagna, 6 – Milano) stattfindet
(Informationen: Tel. 0039-02-76009085). In zwanzig europäischen Ländern
werden derzeit repräsentative Werke ausgewählt, die in den letzten zwanzig
Jahren von mehr als 120 nach 1950 geborenen Künstlern geschaffen worden
sind. Diese Arbeiten werden während der “Anteprima” ausgestellt und dann
zum Teil für das “Museum der Gegenwart” angekauft.
Ziel der “Anteprima” ist es, einen Überblick über die widersprüchliche,
dissonante Kunstproduktion der beiden letzten Generationen zu geben und
die Frage zu beantworten, ob es (noch?) eine gemeinsame künstlerische
Sprache und eine europäische kulturelle Identität gibt. Die Ausstellung
soll in regelmäßigen Abständen wiederholt und zu einem Rendezvous der
modernen Kunst werden. Die Stadt Mailand hat auch einen mit 50.000 Euro
dotierten Preis ausgeschrieben, der von einer Mailänder Jury unter
Beteiligung des Publikums einem zeitgenössischen Werk zuerkannt wird.
Für Giorgio de Marchis, auf den die Idee zu diesem Projekt zurückgeht,
sind die Fragmentierung der künstlerischen Arbeit und die Abwesenheit
gemeinsamer Bezugspunkte geradezu konstitutiv für das gegenwärtige
Kunstschaffen. Die Gleichzeitigkeit einer Vielzahl von Gattungen,
Typologien, Ausdrucksformen und künstlerischen Techniken bedeutet für ihn
jedoch nicht, dass “alles allem gleich ist”. Die einzelnen Bruchstücke
können nach Meinung von Giorgio de Marchis zwar auf kein System
zurückgeführt werden, und sie gleichen eher einem zerbrochenen Spiegel:
“Es scheint aber fast, als gebe das künstlerische Streben nicht weiter
ableitbaren Fragmenten einer individuellen und partikulären Wahrheit den
Vorzug – einer Wahrheit, die nur von Person zu Person mitgeteilt werden
kann. Die Kunst stellt sich gegen die Betäubung durch gleichförmige
Konsumgewohnheiten und durch die Mystifikationen einer globalen Kultur des
Sehens, wie sie von der Technologie ohne die Möglichkeit eines Ausweichens
aufgezwungen werden… Die künstlerische Erfahrung ist also wie die
singuläre Erfahrung einer Ausnahme”.