Terra Italia

“Anteprima Bovisa” – Wie wär’s mit einem Vorgeschmack auf die neueste

Richard Brütting

Avantgarde?

Mailand (Terra Italia) – “Mailand wird wieder an der Spitze der

künstlerischen Avantgarde stehen!” Diesen Anspruch erhebt die Metropole

der Lombardei mit der für nächstes Jahr geplanten Eröffnung des “Museo del

Presente”. Das “Museum der Gegenwart” soll ein außergewöhnliches Domizil

beziehen: das ehemalige Gaswerk von Bovisa

(www.milano.artecontemporanea.org).

Einen Vorgeschmack auf dieses Museum vermittelt die Ausstellung “Anteprima

Bovisa. Milano Europa 2000″, die vom 19. Mai bis 16. September im

“PAC/Padiglione d’Arte Contemporanea” (via Palestro, 14 – Milano) und im

“Palazzo della Triennale” (via Alemagna, 6 – Milano) stattfindet

(Informationen: Tel. 0039-02-76009085). In zwanzig europäischen Ländern

werden derzeit repräsentative Werke ausgewählt, die in den letzten zwanzig

Jahren von mehr als 120 nach 1950 geborenen Künstlern geschaffen worden

sind. Diese Arbeiten werden während der “Anteprima” ausgestellt und dann

zum Teil für das “Museum der Gegenwart” angekauft.

Ziel der “Anteprima” ist es, einen Überblick über die widersprüchliche,

dissonante Kunstproduktion der beiden letzten Generationen zu geben und

die Frage zu beantworten, ob es (noch?) eine gemeinsame künstlerische

Sprache und eine europäische kulturelle Identität gibt. Die Ausstellung

soll in regelmäßigen Abständen wiederholt und zu einem Rendezvous der

modernen Kunst werden. Die Stadt Mailand hat auch einen mit 50.000 Euro

dotierten Preis ausgeschrieben, der von einer Mailänder Jury unter

Beteiligung des Publikums einem zeitgenössischen Werk zuerkannt wird.

Für Giorgio de Marchis, auf den die Idee zu diesem Projekt zurückgeht,

sind die Fragmentierung der künstlerischen Arbeit und die Abwesenheit

gemeinsamer Bezugspunkte geradezu konstitutiv für das gegenwärtige

Kunstschaffen. Die Gleichzeitigkeit einer Vielzahl von Gattungen,

Typologien, Ausdrucksformen und künstlerischen Techniken bedeutet für ihn

jedoch nicht, dass “alles allem gleich ist”. Die einzelnen Bruchstücke

können nach Meinung von Giorgio de Marchis zwar auf kein System

zurückgeführt werden, und sie gleichen eher einem zerbrochenen Spiegel:

“Es scheint aber fast, als gebe das künstlerische Streben nicht weiter

ableitbaren Fragmenten einer individuellen und partikulären Wahrheit den

Vorzug – einer Wahrheit, die nur von Person zu Person mitgeteilt werden

kann. Die Kunst stellt sich gegen die Betäubung durch gleichförmige

Konsumgewohnheiten und durch die Mystifikationen einer globalen Kultur des

Sehens, wie sie von der Technologie ohne die Möglichkeit eines Ausweichens

aufgezwungen werden… Die künstlerische Erfahrung ist also wie die

singuläre Erfahrung einer Ausnahme”.

Weiterleiten:

© Copyright TidPress Terra Italia.