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ReisewegeMutter Natur in Apollos Bergen

Text und Fotos: Anne-Sophie Legge



 Der Pollino-Nationalpark auf der Grenze zwischen Basilikata und Kalabrien - einer der größten Naturparks Europas.

Viggianello (TidPress) – Ganz leicht ist der Pollino nicht zu erreichen. Die von Norden zu ihm führende Autobahn Salerno-Reggio Calabria erlangte dank ihrer vielen Baustellen nationale Berühmtheit und fehlt in keinem politischen Programm. Doch die Reise lohnt sich wirklich. Über 192 Quadratkilometer erstrecken sich im Pollino weit überschaubare Berglandschaften und endlose Buchenwälder, Wasserfälle und Schluchten, kurz gesagt Natur pur.
Die über 2200 Meter hohen Berge Apollos, vermutlich Namensgeber des Parks, beherbergen Wölfe, Königsadler, Murmeltiere, Steinmarder, Geier, Schildkröten und weitere Arten, einige vom Aussterben bedroht. Vielleicht stammt der Name des Parks auch von den polleo (Heilkräutern), die sich unter der Vielzahl an seltenen Pflanzen befinden. Vom Ginster gelb gefärbte Wiesen und Schlangehautkiefern, Emblem des Parks aufgrund ihrer besonderen gebogenen Form, prägen die Landschaft.

Kühe, Schafe und wilde Pferde kreuzen den Weg der Wanderer. Die langen Hörner der Ochsen lassen einen manchen Stadtmensch aufzucken, die Einheimischen schütteln bloß amüsiert den Kopf. Wölfe beobachtet man nachts, und besser mit einem der 46 Führer des Parks. Auch lange Ausritte, Fahrradtouren, Trekking, Rafting auf dem Fluss Lao oder Wandertouren mit Eseln eignen sich zur Entdeckung des Gebiets. Für weniger Aktive lohnt sich eine halbstündige Wanderung von der Alm De Gasperi zum Aussichtspunkt des Belvedere del Malvento. Die Hütte am Colle Impiso steht allen Wanderern für ein gemütliches Kaminfeuer offen. Ein Pastor errichtete sich dort eine Hütte und beschloss prompt, allen Zutritt zu gewähren.

Groß geschrieben wird Gastfreundschaft auch im Castello de Principi, ursprünglich eine normannische Burg, ab dem 14. Jahrhundert dann Sommerresidenz der Familie Sanseverino, den Prinzen von Bisignano. Auf einem Felshang gelegen, überragt das Castello die kleinen Gassen des mittelalterlichen Dorfes Viggianello. Hier werden Mahlzeiten wie einst an einer großen Tafel eingenommen. Auch der Dekor widmet sich neben Padre Pio den Prinzen. In den Zimmern duftet es nach Ginster und Lavendel, direkt aus Hausherrin Anitas Garten.
Mitte des 16. Jahrhunderts ließen sich im Pollino albanische Flüchtlinge nieder, die von den Türken aus ihrer Heimat vertrieben wurden. In ihren 9 Gemeinden erhalten sie ihre Sprache und griechisch-orthodoxen Traditionen bis heute. Aus dem Ginster des Nationalparks werden in San Paolo Albanese, eine dieser albanischen Gemeinden, in 14 traditionellen Schritten Kleidung, Tischdecken und Decken hergestellt. Ein eigens errichtetes Ginstermuseum dokumentiert den Prozess.

Die Grotte del Romito zeichnet sich durch über 10000 Jahre alte Gravierungen von 2 Ochsen aus. Etwas antik wirkt auch das Schild am Eingang, das noch immer in Lira über die Eintrittspreise zur Grotte informiert. Hier im Pollino scheinen die Uhren langsamer zu ticken und gerade das macht den Charme dieser Gegend aus. Die typisch südländische Herzlichkeit der Einwohner symbolisieren die ausgegrabenen steinzeitlichen Skelette von zwei sich umschlängelnden Paaren neben der Grotte.
Traditionelle Küche servieren der Agriturismo Bosco Principe oder die Locanda di San Francesco in Viggianello. Die Dialekte variieren von einem Dorf zum nächsten, doch die Bewohner lassen sich gern auf ein Gespräch mit Fremden ein. Weiterhin nennen diese sich stolz Lukanier, auch wenn die Region, in dem Viggianello liegt, bereits 1945 in Basilikata umgenannt wurde. Über 3 Stunden kann eine ordentliche Mahlzeit im Pollino schon in Anspruch nehmen. Schneller ließen sich die vielen Antipasti – frisch gebackenes Brot mit scharfem Nduga, zubereitet mit Schweinefleisch und Chilischoten, Soppressata-Salami, die sogenannten roten Auberginen, auch als Eis oder mit Schokolade zum Nachtisch – danach Steinpilze mit Wild und selbstverständlich hausgemachte Pasta in üppigen Portionen ohnehin nicht verzehren. Wacholder-, Fenchel- oder Erdbeerlikör runden ein jedes Mahl ab. Bezeichnete Caro Levi in „Christus kam nur bis Eboli“ die Einwohner der Basilicata noch als bäuerliche Tölpel, so wird man die Lukanier bei einem Besuch im Pollino heute als unverfälscht und traditionsbewusst schätzen lernen.

Info:

www.parcopollino.it
www.comune.viggianello.pz.it
www.guidepollino.com

Castello de´ Principi
Tel. +39 0973/664042

12.06.2007


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