Text und Fotos: Elvira D’Ippoliti
Rom – Sobald man glaubt, von Rom die wichtigsten Sehenswürdigkeiten schon kennen gelernt zu haben, wird man mit Etwas überrascht, das direkt aus der Geschichte kommt: Das römische Ghetto ist eines der authentischen Viertel der Ewigen Stadt, und ein Spaziergang ist für alle Besucher ein angenehmes Romerlebnis. Direkt hinter der großen Synagoge, die an den Tiber grenzt, befindet sich die Ruine des Portico d’Ottavia, ein Säulengang, der in der Antike verschiedene Tempel umringte. Auf jeden Fall wurde hier der alte Fischermarkt abgehalten. Da die Juden auch Fischer waren (wie in anderen Städten konnten sie zur Zeit des Ghetto nur wenige Berufe ausüben), ist der Portico d’Ottavia nicht nur ein Zeugnis der Antike, sondern der Aktivität, die um 1555 hier stattfand, als Papst Paul IV. das Ghetto einführte. Dieses Stück Altstadt ist an einigen Stellen in der Zeit stehengeblieben. Wer das Rom der 60-er Jahre kennen gelernt hat, steht staunend vor einem Kleidergeschäft, dessen Schild eine echte Vintage-Rarität ist. Im heutigen Ghetto findet man auch einen undefinierbaren Fast-Kosher, den ich gerne ignoriere. Viele andere Restaurants, die die typische römisch-jüdische Küche anbieten, kann man ausprobieren, oder man sitzt an den Tischen der kleinen Bar und schaut sich auf der Via del Portico d’Ottavia um.
Der hintere Teil des Ghettos besteht aus kleinen Gassen und Plätzen, die im Vergleich zur Hauptstraße mit den antiken Ruinen sehr ruhig sind. Hier und da hängen an den Häuserfassaden Marmorschilder, die entweder aus der Römerzeit stammen oder an die finstere Seite der Geschichte erinnern, als viele Juden aus dem römischen Ghetto direkt in die Nazi-Lager verschleppt wurden. Mehrere Stolpersteine stehen vor den Eingängen der Häuser und bezeugen mit Name, Geburtsdatum und da, wo es möglich ist, mit Todesdatum, wer in diesem Viertel einst gelebt hat und sinnlos ermordet worden ist. Das Ghetto von Rom ist klein, aber voll mit einer Echtheit, die in der restlichen Altstadt kaum zu finden ist. Zum Besuch gehört auch eine Führung in der Synagoge und im Museum. Es ist faszinierend, die Alltäglichkeit dieser Religion kennen zu lernen und die kostbaren Objekte der Vergangenheit zu bewundern. Das typische Gericht, das man unbedingt ausprobieren muss, sind die frittierten Artischocken, die „carciofi alla giudia“, die knusprig und voller Geschmack sind. Eine alte, neue Möglichkeit, in Rom gut zu essen und das umstehende Ambiente zu genießen.
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