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EventsDas Geheimnis der mittelalterlichen Elfenbeinschnitzereien

Text und Fotos: Paolo Gianfelici



 Im Diözesanmuseum von Salerno findet bis 20. April 2008 eine Ausstellung mit 69 Schaustücken aus der gesamten Welt statt

Salerno (TidPress) – Einige der auf Elfenbeintafeln dargestellten Szenen des Alten und Neuen Testaments sind von außergewöhnlicher Schönheit und Anmut. „Die Erschaffung der Engel“ stellt vier geschlechtslose Wesen ohne Alter dar, die sich vor Gottvater gravitätisch, jedoch nicht steif und unbeweglich verneigen.

Von ausdrucksvoller Einfachheit und verblüffender Intensität sind die geschnitzten Szenerien mit der Erschaffung des Tages und der Nacht, des Himmels und des Meeres, der Sonne, des Monds und der Sterne, der Bäume und der Pflanzen mit Tausenden verschiedener Früchte. Aus dem Elfenbein ist die Erschaffung der Eva mit großer Präzision in der Linienführung, in den Formen und den Einzelheiten herausgearbeitet. Alles ist auf einem engsten Raum von wenigen Zentimetern gestaltet.

Weihnachtsengel vor dem Dom

Die Ausstellung

Die Elfenbein-Basreliefs von Amalfi und Salerno (XI. und XII. Jahrhundert) sind nur wenigen Gelehrten bekannt, da sie weltweit über verschiedene Museen verstreut sind. Sie gehören zu den wertvollsten Werken des europäischen Mittelalters. Endlich können wir sie in ihrer Gesamtheit in der vom Diözesanmuseum gestalteten Ausstellung bewundern (20. Dez. 2007 bis 20. April 2008): Sie umfaßt 69 Objekte auch aus dem Louvre, dem Metropolitan Museum von New York und dem Victoria and Albert Museum von London. Lediglich ein Museum aus Berlin hat die Ausleihe der kostbaren Tafeln verweigert.

Einige Ausstellungsstücke sind Kleinskulpturen, die auf einen brillanten profanen Einfall zurückgehen: äußerst schöne Schachfiguren nach arabischem Muster, Jagdhörner usw.

Wie war es möglich, vor fast einem Jahrtausend in der Stadt Salerno und im nahen Amalfi auf einem so hohen künstlerischen Niveau zu produzieren? Man darf die Rolle der Seerepublik Amalfi im östlichen Mittelmeer nicht außer Acht lassen, nämlich ihre Kontakte mit der islamischen Welt und mit dem Elfenbein, dem von den Arabern für künstlerisches Schaffen bevorzugten Material. Im Hochmittelalter war Salerno außerdem eine Stadt von großer künstlerischer und wissenschaftlicher Kultur (s. die Medizinische Schule von Salerno) sowie von 1077 bis 1127 Sitz des Hofs der Normannen, die den großartigen Dom erbauen ließen.

In diesem Gebiet waren zumindest drei bedeutende Elfenbeinkünstler tätig. Sie waren die Schöpfer des Großteils der im Laufe der Jahrhunderte in der ganzen Welt verstreuten Meisterwerke (ein Teil davon ist trotzdem in Salerno verblieben und wird vom Diözesanmuseum in einer Dauerausstellung aufbewahrt).

Die Wissenschaftler werden die zeitweilige Rückkehr der Basreliefs an den Ort ihrer Herstellung nutzen, um wenigstens einige der Fragen zu klären, welche die Elfenbeinobjekte noch immer stellen (Was war z.B. die Funktion und die Bestimmung der Tafeln?).

Die Ausstellung „L’enigma degli avori medievali di Amalfi e Salerno“ (Das Geheimnis der mittelalterlichen Elfenbeinschnitzereien von Amalfi und Salerno) wurde dank der Bemühungen der Regionaldirektion für Kultur- und Landschaftsgüter von Kampanien sowie des Amts für Denkmalpflege von Salerno und Avellino möglich. Hervorragend ist die Anlage der Ausstellung, die von Mitarbeitern der Mailänder Skala und des Opernhauses La Fenice von Venedig eindrucksvoll inszeniert worden ist.

(Übers.: Richard Brütting)

07.01.2008

Der Campanile des Doms


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