Text und Fots: Brunella Marcelli
In der Kirche San Domenico aus dem 14. Jahrhundert in Chioggia findet die internationale Ausstellung „The Mystery Man“ statt, eine außergewöhnliche Gelegenheit, auch dank der Technologie von „ArtiSplendore“, eine Reise durch die Geschichte und die Ikonographie Jesu zu erleben, die in einer dreidimensionalen Körperskulptur gipfelt, die auf hyperrealistische Weise die Züge des Mannes vom Heiligen Grabtuch wiedergibt. Bei der Enthüllung des Leichnams herrscht unter den Besuchern Erstaunen, Verwirrung, Rührung über eine Erfahrung, die die Herzen berührt. Der Leib Christi, geschmäht, beleidigt, geopfert, erscheint vor unseren Augen und offenbart sich in seiner intimsten Realität. Eine tausendjährige Geschichte, die zu einem Werk wird und eine Fiktion, die wahrer ist als die Wirklichkeit. Dieser „Christus patiens“ erweckt unsere Vorstellungskraft und spiegelt unsere eigenen Leiden wider, samt Ablagerungen von Gefühlen und Überzeugungen.
Bei der Enthüllung des Leichnams erlebt man Erstaunen, Fassungslosigkeit und Rührung. Fleisch, Haare, Blut: Die Skulptur aus Latex und Silikon mit natürlichem Haar präsentiert uns einen völlig nackten Mann, etwa 1,78 m groß und 75 kg schwer, mit geschwollenem Gesicht, einen von Schlägen verletzten Körper, das schweiß- und blutgetränkte Haar. Alles ist originalgetreu wiedergegeben: die Wunden an den Handgelenken und Füßen, die gebrochene Sehne, die ausgekugelte Schulter, die verbogene Nase.
Das Werk ist das Ergebnis einer langen Forschungsarbeit des spanischen Künstlers Álvaro Blanco und seines Teams, die historische, religiöse und kulturelle Elemente mit wissenschaftlichen Untersuchungen kombiniert haben. Die Ausstellung widmet dem Grabtuch einen großen Raum im Videomapping-Saal, in dem seine Geschichte projiziert wird, begleitet von den Analysen und forensischen Untersuchungen, die im Laufe der Jahre stattgefunden haben. Eine Geschichte, die von Wissenschaft und Glauben handelt. Ein Tuch voller Geheimnisse, wie der Mann, der darin eingewickelt war. Der erste Raum der Ausstellung zeichnet die Geschichte von Jesus von Nazareth vollständig nach, von seinem Leben bis zu seiner Verurteilung zum Tode. Er wird von einer Reihe nachgebildeter Objekte begleitet, die den Weg nachzeichnen: die Münzen des Judas, eine Dornenkrone, das Kreuz und schließlich das Grab, in dem ein Hologramm der Beerdigung erscheint. Im Inneren des immersiven Raums prägen sich dem Besucher Bilder der verschiedenen Darstellungen Christi im Laufe der Jahrhunderte bis hin zur Gegenwart ein. Dann ist man bereit, den Körper zu sehen: Jesus in Fleisch und Blut. „Entweder ist das Grabtuch echt oder wir haben es mit dem größten Künstler der Geschichte zu tun“, sagt der Künstler und Kurator Álvaro Blanco.