Text und Fotos: Elvira D’Ippoliti
Rovigo – Die schmale, mit Kiesel bedeckte Straße verläuft, von lautlosem Wasser umgeben, in Richtung Sonnenuntergang. Die Insel Albarella liegt im Adriatischen Meer südlich von Chioggia (Provinz Venedig), dessen Umrisse man vom zwei Kilometer langen Strand aus sehen kann. Der Rest der Küste von Albarella wird von reglosen Gewässern gestreift. Die Insel ist exklusiv im besten Sinne des Wortes: Sie ist im privaten Besitz und erlaubt den Zugang nur den Gästen der beiden Hotels und den Besitzern der vielen kleinen, aber feinen Villen. In Albarella läuft man zu Fuß oder tritt Pedale: Die Fahrräder werden den Gästen zum Beispiel vom Hotel Capo Nord zur Verfügung gestellt. Ein Radweg umgibt die ganze Insel, ein kleiner Umweg führt auf die schmale Landzunge, die in der Lagune verläuft. Wenn der Tag sich in Richtung Abend neigt, stimmt sich das Wasser und seine Bewohner auf die Ruhe der bald kommenden Nacht ein, ein bildschönes Panorama. Wir befinden uns im Polesine (ein Landstrich zwischen den Flüssen Etsch und Po); das Gebiet des Po-Deltas ist einfach und spektakulär mit seinen stillen Lagunen und verzweigten Flussarmen, wo das Gleichgewicht der Natur intakt geblieben ist.
Wenn man die Insel über die einzige Brücke, die sie mit dem Festland verbindet verlässt, kann man auch die künstlerischen Aspekte dieser Gegend erkunden. Das Städtchen Fratta Polesine in der Mitte des Polesine überrascht die Besucher mit seinen Villen im klassischen Stil. Insbesondere ist die Villa Badoer einen Besuch wert. Der Renaissance-Architekt Palladio hat dem kleinen Gebäude seinen unverwechselbaren Stil gegeben; die Fassade mit den weißen Säulen fängt sofort den Blick ein, wenn man auf der angenehmen Straße von Fratta Polesine spazieren geht. Ein kleiner Kanal verläuft direkt vor dem Garten der Villa Badoer. Auf diesem Wasser segelten die reichen Venezianer im Sommer, um im Polesine der Hitze ihrer Stadt zu entfliehen. Die Spuren der vergangen Eleganz kann man in Fratta überall erkennen: schöne Kaffeehäuser, Kirchen und Villen gehören zur Identität des Ortes.
Weitere Schätze findet man in Rovigo. Der Tempio della Beata Vergine del Soccorso ist ein achteckiges Gebäude, das eine Kunstsammlung aus dem 17. Jahrhundert aufbewahrt. Jede der acht Mauern ist dicht mit Gemälden und Fresken bedeckt. Gemäß der Tradition der Kirchen der Region Veneto befindet sich der Kirchturm ein paar Meter vom Hauptgebäude entfernt und ist eine autonome Konstruktion. Wenn man durch den Polesine fährt, kann man auf viele kleinere Kirchen blicken, die am Rande der dicht und schön genutzten Landschaft stehen. Die ruhige Atmosphäre der Provinz genießt man auch in San Martino di Venezze. Hinter dem unglaublich schiefen Kirchturm fließt die Etsch, und auf deren vom Menschen hoch errichteten Uferdamm verläuft ein schöner Fahrradweg.
Da der Mensch nicht nur von Kunst und Schönheit lebt, sucht man sich zum Mittagessen ein typisches Restaurant aus. Die „Trattoria da Daniela e Giannino“ in Porto Tolle empfängt die Gäste im einfachen Ambiente wie zu Hause. Giannino hat einen etwas rauen Charakter; seine blauen Augen erhellen sich nur, wenn er über seinen Fisch-Risotto spricht, der hervorragend schmeckt. Man kann das Restaurant nicht verlassen, ohne die „frittura“ mit winzig kleinen Garnelen probiert zu haben. Zurück auf der Insel von Albarella, erfreut man sich am diskreten Luxus des Hotels Capo Nord und lauscht der Musik der Wellen auf dem Strand und im Mondlicht.
Info: www.polesineterratraduefiumi.it www.comune.frattapolesine.ro.it