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Sabbioneta: der leere Schrein

Hingebreitet im Grün der Poebene, wenige Kilometer von Mantua entfernt, lebt die ideale Stadt eines Fürsten der Renaissance regungslos eine Gegenwart ohne Ende

Sabbioneta: der leere Schrein

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Das Teatro all'Antica

Das Teatro all’Antica

Sabbioneta – Inmitten von Getreide- und Reisfeldern, umgeben von Pappeln und Birnbäumen, ragt die Pfarrkirche von Villa Pasquali über die Mauern. Man glaubt, in der Umgebung eines beliebigen großen Dorfs der Poebene zu sein. Weit gefehlt! Bald danach erscheint das beklemmende Bild einer Kaiserpforte, ein Zwischending zwischen dem Eingang zu einer Kaserne und einem Friedhof. Die verlassenen Straßen sind rechtwinklig und begrenzen anscheinend unbewohnte Häuser. Urplötzlich findet man vor seinen Augen ein monumentales Gebäude aus Ziegelsteinen. Es ist die fast 100 m lange Galleria degli Antichi, die auf Veranlassung von Fürst Vespasiano (1511-1591) gebaut wurde. Er gehörte einem Nebenzweig der Gonzaga an und wollte beim Vergleich mit seinen prächtigen Verwandten in Mantua nicht sein Gesicht verlieren.

Vespasiano errichtete aus dem Nichts eine Stadt der Renaissance, die zwar schön, aber den wirklichen Ansprüchen seiner Bewohner nicht angemessen war. Für Sabbioneta begann eine Periode des Niedergangs, die seine aus der Renaissance stammenden Gesichtszüge „einfrieren“ ließ. Die Stadt ist ein Ort, der eine ewige Gegenwart erlebt, die nun schon ein halbes Jahrtausend andauert.
Das Teatro all’Antica ist ein raffinierter Kompromiss zwischen einem weltlichen Tempel und einem prächtigen Palast. Vespasiano wohnte den Schauspielen oben auf einer korinthischen Säulenhalle bei, die von den Statuen der zwölf Gottheiten des Olymps bekränzt ist. An einem derartigen Ort (auch heute noch finden hier Vorstellungen statt) tendiert das Bühnengeschehen zum Verschwinden.Die maßlose Galleria degli Antichi ist leer, die klassischen Skulpturen, die sie beherbergte, wurden zu Zeiten von Maria Theresia nach Mantua überführt. Im Adler-Saal des Herzogspalasts reitet Fürst Vespasiano, in einer Rüstung steckend, auf einem Pferd, das Szepter in der Hand. Ihm folgen drei Ritter. Es sieht so aus, als würden alle vier gerade zu einer Schlacht aufbrechen, die aber nie stattfinden wird.

Fürst Vespasiano

Fürst Vespasiano

Zu besichtigen ist auch die Synagoge. Vespasiano beschützte die im nahem Kirchenstaat diskriminierten und verfolgten Juden. Die Synagoge befindet sich im 2. Stock eines Hauses im alten jüdischen Wohnviertel. Ein interessanter Ort, die Stuckarbeiten des Gewölbes sind sehr wertvoll. Aber auch dieser Ort ist menschenleer. Der letzte Jude hat Sabbioneta vor fast einem Jahrhundert verlassen

Die UNESCO hat Sabbioneta (mit Mantua) zum Weltkulturerbe erklärt. Der verlockende leere Schrein verdient dies in vollem Maße. Die Besucher sollten jetzt daran denken, ihn zu füllen, wenn sie an den Nachmittagen oder den Sommerabenden von der geheimnisvollen Atmosphäre und von der Kühle der Gärten angezogen werden. Bietet sich denn Sabbioneta nicht nur selbst an, sondern auch noch Theateraufführungen, die an die Pracht seiner vergegenwärtigten Vergangenheit erinnern?

Info:

www.turismo.mantova.it
www.comune.sabbioneta.mn.it

 

 

 

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