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Sizilien: 36 Stunden in Messina

Die zwei kleinen Lagunen des Naturschutzgebiets von Capo Peloro sind die Etappe für Zugvögel, die aus Afrika nach Europa fliegen. Der Turm der Kathedrale im "nördlichen Stil". Die Kirche der Katalanen mit ihrer byzantinischen, arabischen und normannischen Architektur

Sizilien: 36 Stunden in Messina

Text und Fotos: Paolo Gianfelici

Erster Tag

messina-Paolo-Gianfelici9.00 Uhr – Frühstück auf die Terrasse des Boutique Hotels Vmaison zwischen Kaktusfeigen und Stechpalmen. Der Pluspunkt ist der wunderschöne Blick auf das Meer und, auf der anderen Küste des Stretto di Messina, auf die Berge von Kalabrien. Die warme Frühlingsluft bringt den Duft des Südens.

10.00 Uhr  – Ein Spaziergang entlang des Viale San Martino. Hier kann man Einkaufen und sich bei einem Kaffee treffen. Während meines Aufenthalts werde ich mehrmals auf dieser breiten Straße gehen. Sie ist fast immer voll mit Menschen, aber da Messina eine Gewohnheits-Stadt ist, wird der Viale San Martino bei der Mittags- und Abendessenpause plötzlich leer. Messina ist mit ca. 250.000 Einwohnern keine Stadt der Provinz, eher kosmopolitisch orientiert und mit einer alten Geschichte als Hafenstadt, offen gegenüber der Welt und vor allem dem Süden und dem Osten des Mittelmeers. Der Wind weht von der Meerenge und füllt sie mit frischer Luft. Die Straßen sind breite Alleen mit Palmen, Eichen, Riesenmagnolien. Die öffentlichen Gebäude und monumentalen Kirchen wurden fast alle nach dem Erdbeben im Jahre 1908 wieder aufgebaut. Messina ist eine Stadt zum Flanieren: Man schaut sich in Ruhe um, entdeckt Plätze, Kirchen und die Strandpromenade. Wer zu müde ist, um zu Fuß zu gehen (die Stadt ist mehrere Kilometer lang), kann die neue Straßenbahn benützen: eine Tageskarte kostet nur 2,60 Euro und gilt für alle öffentlichen Verkehrsmittel. Dazu ein guter Rat: Nie ohne Fahrkarte fahren! Der Kontrolleur steigt oft ein und ist sehr genau bei seiner Arbeit.

12.00 Uhr  – Die Piazza del Duomo ist mit Menschen gefüllt. Zwei kleine Jungen mit Schwertern und Schildern spielen ihr persönliches Puppentheater. Alle warten geduldig auf den Start einer echten Sehenswürdigkeit. Einige Zuschauer stehen in der Nähe des Brunnens von Orion, dem mythischen Gründer der Stadt. Er befindet sich an der Spitze des Brunnens im Renaissance Stil. Jeder schaut auf den Glockenturm, der wie ein Bau in Nordeuropa aussieht, mit Spitztürmchen und einem astronomischen Kalender samt Sternzeichen und Mondphasen. Punkt zwölf Uhr beginnt der Löwe des Glockenturms mehrmals zu brüllen. Dann bewegt er den Schwanz in alle Richtungen. Nach dem Löwen ist der Hahn dran – beide Tiere sind Symbole der Geschichte von Messina. Als plötzlich die bestialische Darstellung zu Ende ist, scheint die Kirche wieder ihre offizielle Funktion als eine der wichtigsten Gotteshäuser der Stadt einzunehmen. Aus einem alten Lautsprecher erklingt das Ave Maria von Schubert. Der Glockenturm belebt sich mit religiösen Figuren, darunter Engel und die Jungfrau Maria, und fasziniert die Zuschauer.

Ich besuche die normannische Kathedrale. Zweimal wurde sie originalgetreu rekonstruiert (nach dem Erdbeben von 1908 und nach den Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs). Danach steige ich den Hügel hinauf, wo sich die Wallfahrtskirche von Montalto befindet. Der Blick auf die Meerenge von Messina ist herrlich. Der Himmel ist klar, die Küste von Kalabrien und die Aspromonte-Bergen oberhalb von Reggio kann man bestens sehen. Am Fuße des Hügels befindet sich der Hafen von Messina, wo die Fähren nach Villa San Giovanni starten.
Der Weg geht bergauf weiter in Richtung Kirche Cristo Re, dann führt er wieder hinunter zur Pfandleihe „Monte di Pietà“. Der schöne Barockpalast würde allerdings eine Restaurierung benötigen. Vom Portal gelangt man in den Innenhof mit einer großen Treppe, die zur Kirche Santa Maria della Pietà aus dem 18. Jahrhundert führt – leider ist von der Kirche nur noch die schöne Fassade erhalten geblieben.
Der Weg hinunter zum Meer geht am Rathausplatz und am Theater Vittorio Emanuele vorbei. Man erreicht die Küste und den Neptunbrunnen aus dem 16. Jahrhundert. In den Gärten des Viale della Libertà sehe ich die Stämme und Wurzeln der Riesigenmagnolien, die als außergewöhnliche Rahmen für den Blick auf die Meerenge von Messina dienen.
14 Uhr – Mittagessen bei Zimbaro, einer sehr beliebten Rotisserie. Man isst im Stehen oder setzt sich an einen der wenigen Tische. Die Spiegel reflektieren mein Bild. Placido Zimbaro, Wirt der dritten Generation, bedient die Kunden und macht dabei Witze. Ich wähle drei lokale Spezialitäten: die “Focaccia” (aus Brotteig mit Hefe, Endivie, einem bitter-süßen Gemüse, Tomaten, Käse aus Ragusa und Sardellen), den „Arancino” (frittiertes Reisbällchen mit Safran, Hackfleischsauce, Erbsen, Tomaten und Caciocavallo-Käse) und den “Pitone” (oder Calzone) aus Brotteig ohne Hefe, gefüllt mit Endiviensalat, Caciocavallo und Sardellen. Die Aromen sind zart und die Gerichte leicht. Die Preise sind unglaublich niedrig. Als Dessert koste ich die “Sfinge di riso“, Reis mit Aromen von Zitrone und Orange. Kaffee trinke ich auf die Terrasse des Hotels Vmaison. Dazu wird eine köstliche Zitronencreme aus Zitronen-Mousse, Zitroneneis und Erdbeersauce serviert.

Bildergalerie Terre d’Europa: Sizilien, Messina

16.00 Uhr – Ich fahre wieder mit der Straßenbahn und steige an der Haltestelle Municipio aus. Zu Fuß erreiche ich die Kirche der Katalanen. Es ist ein Juwel der byzantinischen, arabischen und normannischen Architektur.
An der Endhaltestelle der Straßenbahn befindet sich das Regionalmuseum von Messina. Hier sind einige berühmte Meisterwerke aufbewahrt: die “Anbetung der Hirten” und die “Auferstehung des Lazarus” von Caravaggio, der “Altar des Heiligen Gregorio” und die „Madonna mit dem segnenden Kind“ sowie „Der Franziskaner beim Beten” von Antonello da Messina.

20.00 Uhr – Die Straßen hinter dem Dom, insbesondere die Via della Loggia dei Mercanti, sind voll mit Lokalen für einen Aperitif oder Abendessen. Ich esse in der Osteria del Campanile eine Meeresfrüchte-Vorspeise und ausgezeichnete Schwertfisch-Rouladen. Danach kehre ich auf dem Domplatz zurück und lausche auf die Stille der Promenade. Der beleuchtete Kirchturm scheint noch größer und imposanter. Die Wallfahrtskirche von Montalto erscheint hinter mir auf dem Hügel. Ich laufe zum Hotel entlang dem jetzt unbelebten Viale San Martino zurück.

Zweiter Tag

9.30 Uhr – Seitdem ich mich in Messina befinde, wird mir immer wieder geraten, die Seen von Ganzirri und Torre Faro zu besuchen. Es sind zwei kleine Lagunen im Naturschutzgebiet von Capo Peloro an der äußersten Spitze von Sizilien. In den Lagunen leben fast zweihundert Vogelarten, wie die rosa Möwe und viele Raubvögel. Wasserpflanzen gibt es auch in Fülle. Im Frühjahr und im Herbst halten hier die Zugvögel an, die nach Nordafrika fliegen und die Luftströmungen über der Meerenge ausnützen. Der Ort bietet ein Erlebnis, das man nicht verpassen sollte. Die Wasser- und Luftströmungen sind sehr stark, da dort auf einer schmalen Strecke von wenigen Kilometern zwei Meere aufeinander treffen. Die Vögel und die Fische lassen sich mühelos von diesem Wunder der Natur mitreißen.

 

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