Text und Fotos: Paolo Gianfelici
Val di Fiemme – Der Tag der Feier öffnet sich trotz der Regenvorhersage unter einem schönen blauen Himmel, der von einigen weißen Wolken geschmückt wird. Wir starten aus Cavada in Richtung des Maso Vinal, um wilde Pflanzen in Begleitung eines erfahrenen Führers zu entdecken. Wie schwer wäre es für einen Laien, sie zu finden! Die Brunnenkresse wächst zwischen den Steinen im Bachbett. Aber es lohnt sich, sie zu pflücke, um ihren würzigen Geschmack (er ähnelt etwas der Wasabi) zu einem Sandwich oder einer Pasta zu schmecken.
Am Abend davor hatte ich das „Wunder“ der Dolomiten-Küche von Alexander Gilmozzi, dem Chef von El Molin in Cavalese, probiert. Ich habe dabei die vielfältigen Aromen und Farben von Wildkräutern, Moosen, Flechten und Beeren sehr geschätzt. Als ich nach dieser Erfahrung die Wälder der Val di Fiemme erreiche, wurde ich durch den geheimnisvollen Zauber der Natur noch weiter verführt. Eine Natur, die so viele leckere Schätze erschafft, die Unsichtbares auch für das ungeübte Auge erzeugt, das leichter von der bezaubernden Schönheit der Landschaft angezogen wird.
Nach ein paar Stunden Aufstieg erreichen wir den „Maso Vinal“. Der letzte Teil des Weges ist unzugänglich. Wir springen über einen Bach, der zwischen zwei mit Blättern und trockenen Ästen vollgestopften Böschungen liegt. Großartig ist die Überraschung bei der Ankunft auf einer großen, smaragdgrüne Wiese, die perfekt gemäht wurde. Alessandro Gilmozzi werkelt bereits mit seinen Mitarbeitern und geht durch die Holzkioske, wo er ein „Mittagessen mit Wildkräutern“ zubereitet, wie das Plakat des Festes verspricht.
Wir beginnen mit einem Aperitif: Gilbach Gin, Wasser mit Pfeffer, getrocknete Preiselbeeren und Strong Tonic Cortese. Dank des Gin-Duftes ist die Stimmung gleich sehr angenehm. Der Gin wird von Gilmozzi mit Wacholderbeeren, die in den hohen Bergen geerntet werden, selber produziert. Dazu kommt der Geschmack der Pasta, die allen Anwesenden angeboten wird (es werden etwa zweihundert Menschen sein, besonders Väter, Mütter und sogar sehr kleine Kinder). Die Paccheri werden mit Brunnenkresse und Felchen, der mit Wacholder und Holunder mariniert sind, vorbereitet.
Es folgt ein Lunchpaket. In den grünen, zuknüpften Deckchen, die man auf dem Rasen ausbreitet, sind einige Köstlichkeiten versteckt: Gnocchi mit Ricotta und Wildsalat, Wurst mit Gemüse-Crumble und Thymian, ein Stücke Formae Val di Fiemme mit Focaccia, mit rotem Fruchtkompott und Blumen. Dieser Käse, der während der Sommersaison mit Rohmilch der Almen hergestellt wird, ist ein wahres Konzentrat von Aromen. Das Dessert ist in einem Glas enthalten: Joghurt, rote Früchte und Sauerampfer, die Pflanze mit weißen Blüten und malvenfarbigen Adern, deren Blätter einen angenehmen sauren Geschmack haben.
Das Fest geht sehr ruhig und geordnet weiter mit den Spielen der Kinder. Ein Holzhandwerker baut Spielzeuge, die vom Wald inspiriert sind: Vögel, Schnecken und Ziegen. Der Maler Giacomo Brigadoi stellt seine Arbeiten auf dem Rasen zwischen den Heuballen aus.
Der Nachmittag schreitet voran. Der Val Lubie-Chor aus Varena singt traditionelle Arien zum Thema des Festes: Essen und Natur. Die Leute scheinen nicht gehen zu wollen. Die Kinder spielen weiter, und die Eltern genießen die frische Luft und die Farben des Sonnenuntergangs.
Wir sind die Letzten, die gehen, und auch die Rückkehr erfolgt zu Fuß. Als ich in Carano ankomme, sind die Fassade der Kirche und der Zwiebelturm schon beleuchtet. Ihre Silhouetten heben sich vor der Kulisse der Berge ab. Der Himmel ist sehr bewölkt. Es scheint Regen zu drohen. Aber jetzt ist es nicht mehr wichtig, dass das Fest vorbei ist.