Bamberg (TidPress) – Durch zwei Italienfahrten in den Jahren 1956 und 1957 wurde mein Interesse für die italienische Sprache und Kultur geweckt, was doch handgreiflich beweist, dass Reisen in jungen Jahren bildet: Im März 1958 kaufte ich das Taschenbuch „Italienisch in 30 Tagen“, das versprach, einen Autodidakten vom 1. bis zum 30. April mit den Feinheiten der Sprache Dantes vertraut zu machen – angefangen bei der Erklärung: „Das Italienische kennt nur zwei Geschlechter: männlich und weiblich. Sie stimmen nicht immer mit dem Deutschen überein“, bis hin zu den Verkleinerungs- und Vergrößerungssilben, demonstriert an einem italienischen Beispielsatz mit deutscher Übersetzung: „A quest’ora i monumenti in mezzo alla piazza fraternizzano col popolino / Um diese Zeit verbrüdern sich die Monumente auf dem Platz mit dem niederen Volk“.
Freundliche Blicke des Eisverkäufers von Padua |
Venedig: auf dem Canal Grande |
In jenen Tagen freundete ich mich auch mit Mohamud Warsama an. Der 1998 leider verstorbene vielsprachige, hochgebildete Asylant und spätere deutsche Staatsbürger, der als Übersetzer u. a. beim „Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ in Zirndorf arbeitete, stammte aus Somalia, das von 1950 bis 1960 italienisches UN-Treuhandgebiet war. Mit launigen Bemerkungen war er mir beim Erlernen der italienischen Sprache behilflich, die er in der Schule seines durch Kriege völlig zerrütteten Heimatlands erlernt hatte. Er hat es nie wieder gesehen.
Schnappschuss von Positano |
Ravenna: Kapitelle in San Vitale |
Zur Vorbereitung auf eine von Lehrern des Alten Gymnasiums Bamberg privat organisierten Fahrt quer durch Italien (einschließlich eines Ausflugs zur Vulkaninsel Stromboli!) erwarb ich im Dezember 1960 eine „Kleine Geschichte Italiens“. Das Wort „Vorbereitung“ war durchaus ernst gemeint: Meine Aufgabe war es, eine Abhandlung über die wirtschaftliche Situation Italiens in drei Abschnitten zu verfassen: I. Landwirtschaft und Fischerei – „Hier arbeiten 30% der Erwerbstätigen […]. Etwa 25% des Kulturlandes wird mit Weizen (Makkaroni!) bebaut“; II. Bergbau und Industrie – „Der Druck der Linken, die 40% der Wählerschaft hinter sich hat, und aller anderen Planwirtschaftler, weitere Verstaatlichungen ganzer Wirtschaftszweige vorzunehmen, ist nicht zu unterstützen“; III. Handel und Verkehr – „Die italienischen Eisenbahnen bieten dem Reisenden mit ihrem größtenteils neuzeitlichen Wagenpark ein beachtliches Maß an Komfort“. Ähnliche Themen, nämlich „Italienische Geschichte“, „Die Etrusker“, „Pompeij“, „Die Kunst der Renaissance in Italien“, „Das Risorgimento“, „Benito Mussolini“, „Das II. Vatikanische Konzil“ und „Das aktuelle politische Leben Italiens“, wurden von Mitschülern bearbeitet, wie meine Archivmaterialien aus der damaligen Zeit zeigen. Die Reiseziele der dreiwöchigen Bustour vom 23. Juli bis 15. August 1961 (Preis: 280.- DM) entsprachen selbstverständlich den Schwerpunkten der Schule in Altgriechisch und Latein.
Um einen Vorgeschmack auf die Schilderung jener außergewöhnlichen Reise zu geben, veröffentliche ich bereits in dieser Nummer von Terra Italia einige der vor ca. 50 Jahren gemachten Fotos. In späteren Artikeln werde ich auch aus dem von mir verfassten Tagebuch der Fahrt zitieren. Es ist ein authentisches Zeugnis einer schon lange vergangenen Zeit.
30.11.2010
Ravenna: Grabmal Theoderichs d. Gr. |
Venedig: Ca’ d’oro |