Turin (TidPress) – Vor der Einigung Italiens konnte es vorkommen, dass ein Freiwilliger, der für sein Vaterland kämpfte, verbannt wurde. Carlo Gianfelici traf in Turin im Jahre1853 ein. Ohne Geld, so unterstreicht er bitter, nachdem ihm verboten worden war „die Grenzen des päpstlichen Staates zu überschreiten. Andernfalls hätte ich zur Strafe drei Jahre im Gefängnis verbringen müssen“. Die Beschuldigung gegen den jungen Mann aus den Marken war, Spion einer revolutionären Partei zu sein. Carlo schreibt vehement in sein bis jetzt unveröffentlichter Tagebuch: „Niemals habe ich heimlich an einer Verschwörung teilgenommen. Was ich gemacht habe, war nur aus Liebe zu meinem Vaterland und seiner Unabhängigkeit. Ich bewege mich nicht im Schatten. Nie habe ich meine Gefühle versteckt und bin immer bereit gewesen, offen allen Schuften und Verrätern meines Vaterlandes meine Ideen zu zeigen!“ In Turin sucht sich Carlo eine Arbeit. Er findet eine Stadt vor, in der schon der Wind des neuen Italiens weht. „Nicht nur wegen des monatlichen Einkommens (50 Lire) freute ich mich, bei der Zeitung „Il Parlamento“ zu arbeiten. Es war sehr wichtig für mich, wieder aktiv sein zu können.“
Die zentrale Piazza San Carlo |
März 2011: In Turin weht überall die italienische Flagge. Weiß, Rot, Grün sind die Farben, die die Schaufenster mit Pralinen, Kleider, Bleistifte und vieles mehr erhellen. Die Feier der 150 Jahre des vereinigten Italiens hat die Stadt tief geprägt, und die hohen Wogen der Festlichkeiten sind eine gute Gelegenheit, Turin (wieder) zu entdecken. Die zentrale Via Po erstreckt sich in Richtung des gleichnamigen Flusses. Man spaziert an schönen Geschäfte vorbei, dessen auf Holz gemalte Schilder zeigen, dass sie schon zu Zeiten Carlos existierten. Wenn man in eine Seitenstraße abbiegt, erblickt man die „Mole Antonelliana“. Der Bau wurde im Jahre 1863 begonnen: eine Art Wahnsinn. Ursprünglich sollte das Gebäude eine Synagoge werden. Mit seiner 167,5 Meter hohen Kuppel ist es lange Zeit das höchste Backstein-Gebäude Europas geblieben. Jetzt befindet sich in der „Mole“ das lustige und spektakuläre „Museo Nazionale del Cinema“. Man bewegt sich im Innern der Kuppel – plötzlich ertönt eine laute Musik, die das Öffnen aller Fenstervorhänge begleitet. Der Lichteffekt ist beeindruckend, auch wenn man sich bewusst ist, dass Kino nur Illusion ist.
Das „echte“ Turin kann man von einen Aussichtsturm des „Palazzo Madama“ aus bewundern. Hier befand sich das erste italienische Parlament, jetzt wurde es rekonstruiert. Das heutige Turin „pendelt“ zwischen Geschichte und Zukunft. In den „Officine Grandi Riparazioni“ wurden einst die Züge repariert. Als moderne, große Galerie fasst sie nun die Ausstellung „Fare gli italiani“ (Die Italiener machen). Um Italien zu feiern, wird auch in der „Venaria Reale“ Kunst unter dem Titel „La bella Italia“ ausgestellt. Dieser Königspalast wurde von Napoleon ausgeplündert, verwandelte sich in eine Kaserne und blieb eine Ruine, bis er endlich restauriert und als Museum geöffnet wurde. Die „Venaria Reale“ ist eine Idee von einem Schloss, da man fast keine „fremden“ Möbel und Bilder dorthin gebracht hat. Was man sieht, sind Säle und ein prächtiger, barocker Korridor, die „Galleria Grande“ des Architekten Filippo Juvarra, die samt antiker Küche und Keller die gequälte Geschichte des Schlosses erzählen. Zur „Venaria Reale“ gehören ein Garten und das gleichnamige Dorf, dessen Hauptstraße zur Architektur des Komplexes passt und in Richtung des „unendlichen“ Panoramas der Berge zeigt, die sich um Turin befinden.
Der Dorf Venaria Reale |
Die Galleria Grande in der Venaria Reale |
Die historischen Kaffehäuser von Turin sind noch heute voller Eleganz. Carlo Gianfelici schrieb: „In den letzten Monate des Jahres 1857 und am Anfang des Jahres 1858 ging ich jeden Abend ins „Caffè Mogna“, das sich auf der Piazza Carlo Felice an der Ecke der Straße befindet, die zur Piazza D’Armi führt. In einen runden Saal begegneten sich dort Persönlichkeiten wie der Cavaliere Farini, der spätere Ministerpräsident. Es war eine Ehre für mich, zu diesen Diskussionen beitragen zu können. Ich hörte viele leidenschaftliche Worte über die Befreiung unseres Vaterlandes von den Fremden. Es waren diese Begegnungen, die mich tief überzeugten, dass der Krieg gegen Österreich unvermeidbar war“. Das „Caffè Mogna“ existiert nicht mehr, aber die diskrete Würde der ersten Hauptstadt Italiens ist noch überall in Turin spürbar.
Info:
Generelle Informationen über die Feier der 150 Jahre der nationalen Einigung in Turin auf www.italia150.it
„Fare gli italiani“ (bis 20. November 2011)
Officine Grandi Riparazioni
Corso Castelfidardo 22, Turin
„La bella Italia” (bis 11. September 2011)
Venaria Reale
Piazza della Repubblica, Venaria Reale (TO) – man fährt mit dem Bus ca. eine halbe Stunde aus Turin.
Ab 16. April wird der Potager Royal im Garten eröffnet.
In der Galleria Grande der Reggia di Venaria kann man bis November 2011
ein königliches Abendessen aus den verschiedenen Regionen Italiens genießen.
Cene regali:
prenotazioni@lavenariareale.it
prenotazioni@lavenariareale.it
Museo Nazionale del cinema
www.museonazionaledelcinema.it
17.03.2011
Ein auf 1852 datiertes Geschäft |
Schaufenster auf der Via Po |