Terra Italia

4. Internationales Gewürztraminer Symposion am Kalterer See (Südtirol)

Richard Bruetting

Vom 16.-20. Juli 2003 fand in Tramin (it. Termeno) das 4. Internationale Gewürztraminer Symposion statt, das alle zwei Jahre veranstaltet wird. Im Mittelpunkt des diesjährigen Events standen Weinverkostungen, die von fachmännischen Kommentaren und Menüs nach unterschiedlichen gastronomischen Traditionen begleitet waren.




Sommerfest auf Schloss Rechtenthal

Tramin/Termeno (Terra Italia) – Genau zum 100-jährigen Jubiläum der Standseilbahn von Kaltern auf den Mendelpass (1363 m) versammelten sich Winzer, Weinliebhaber, Önologen und Sommeliers, aber auch Küchenchefs im nahen Tramin, das als der Geburtsort des feinwürzigen „Gewürztraminers“ gilt. Die Rebsorte wird weltweit auf einer Fläche von ca. 18.000 ha angebaut (davon 800 ha in Deutschland); urkundlich wurde der Gewürztraminer erstmals um das Jahr 1349 erwähnt. In Tramin wurden seine Erzeugung, sein Handel und Ausschank schon im 15. Jahrhundert streng kontrolliert. Während die Anbaufläche des Gewürztraminers in Laufe der Zeit zurückgegangen ist, geht heute der Trend erneut zum diesem edlen Nass.
Bei einer Weinbergbegehung informierte Dr. Ferdinand Regner aus Klosterneuburg (Österreich) über die Geschichte des Weinbaus. Der Experte für Rebenzüchtung wies anhand eingehender Genom-Analysen nach, dass der (Gewürz-)Traminer im Stammbaum der aktuellen Rebsorten mit an oberster Stelle steht. Er zeichnet sich durch eine hohe genetische Vielfalt, zahlreiche geschmackliche und aromatische Abstufungen und viele lokale Varianten aus, worauf seine unterschiedlichen Benennungen hinweisen (Roter Nürnberger, Fränkischer, Dreipfennig-Rebe usw.).

Von der Jury des Gewürztraminer Symposions waren weltweit 1200 Winzer zur Prämierung ihrer Erzeugnisse eingeladen worden. Insgesamt wurden etwa 100 trockene und 100 süße Weine aus folgenden Ländern eingesandt: Italien, Deutschland, Österreich, Ungarn, Frankreich, Schweiz, USA, Kanada, Israel und Neuseeland. Bei den trockenen Spezialitäten siegten italienische Spitzenweine (1. Platz: „Nussbaumer 2002“, Kellerei Tramin; 2. Platz: „Trentino Gewürztraminer 2002“, Firma Cesconi in Pressano; 3. Platz: „Kolbenhof 2002“, Weingut Hofstätter in Tramin), während bei den süßen Weinen österreichische und deutsche Winzer erfolgreich waren (1. Platz: „Hasel Trockenbeerenauslese 2000“, Weingut Johann Topf in Strass; 2. Platz: „Eiswein 2001“, Stölzerhof in Illmitz; 3. Platz: „Durbacher Schlossberg 2000 Beerenauslese“, Weingut Graf Wolff Metternich in Durlach/Baden).

Die Begleitveranstaltungen des Symposions waren der großen Tradition des Gewürztraminers angemessen. So wurden ausgewählte Lagen zu Schokoladeerzeugnissen der „Antica Dolceria Bonajuto“ aus Ragusa (Sizilien) kredenzt, die den Kakao nach originalen aztekischen Rezepten verarbeitet. Gewürztraminer wurden nicht nur zu Gerichten der Südtiroler und der mediterranen Gastronomie gereicht, sondern sogar zu pikant gewürzten Speisen der indischen Küche (Leider konnte der volle Genuss der edlen Gewürztraminer bei diesen Menüs kaum erreicht werden, da im Bürgerhaus von Tramin eine Klimaanlage fehlte und die Weine somit zu schnell warm wurden). Höhepunkt des Symposions war das abendliche Sommerfest oberhalb von Tramin in den Grünanlagen um das Schloss Rechtenthal mit einem von der Academia Barilla ausgerichteten Büffet und der Preisverleihung durch den Landeshauptmann von Südtirol, Dr. Luis Durnwalder.

Bei den ‚wissenschaftlichen’ Aspekten des Symposions verdienen die Ausführungen von Sommelier-Weltmeister Markus Del Monego eine besondere Beachtung, vor allem seine Einladung zu einem wein-vergnüglichen Experiment in ‚luftiger‘ Höhe. In verschiedenen Höhenlagen schmecken Weine nämlich jeweils anders, und davon soll nun die Rede sein:

„Zwischen Oben, zwischen Unten / Schweb’ ich hin zu muntrer Schau, / Ich ergötze mich am Bunten, / Ich erquicke mich im Blau“ – so beginnt das schöne Goethe-Gedicht „Schwebender Genius über der Erdkugel“. Ein ähnliches Gefühl hat man bei einem Blick von der Terrasse des Hotels „Serafino“ auf die Weinberge und Bergmassive um den Kalterer See. Der Besuch dieses Hotels auf dem 1737 m hohen Penegal hatte allerdings einen ganz eigenen Grund: Markus Del Monego kredenzte dort genau dieselben edlen Tropfen, die kurz zuvor in der Kellerei Tramin, also im Tal verkostet worden waren. Ziel dieses Experiments war, die durch die Höhendifferenz bewirkten geschmacklichen Veränderungen herauszufinden. Allerlei wissenschaftliche Erwägungen über Veränderungen im Luftdruck und in der Luftfeuchtigkeit konnten beispielsweise erklären, warum ein Gewürztraminer mit einer etwas aufdringlichen Süße in der Höhe sehr harmonisch schmeckt.

Del Monego erläuterte auch andere Faktoren, die das subjektive Empfinden für die Geschmacksnuancen des Weins verändern. Modifizierend wirken sich u.a. Stress und sogar feurige Liebesgefühle aus: Denn da der menschliche Körper zur Bildung von Sexualhormonen Natrium benötigt, verlieren mineralisch betonte, leicht salzig schmeckende Rebensäfte, wie der Gewürztraminer Grand Cru Altenberg 2001 aus dem Elsass, für Personen mit verliebten Anwandlungen eben jenen salzigen Geschmack, den sie im leidenschaftslosen Alltag besitzen. Aber Liebesleuten schmecken bekanntlich ja auch versalzene Suppen recht gut!


Weinprobe auf dem Penegal
mit dem Sommelier-Weltmeister
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