Terra Italia

Burgen und Esskastanien im Eisacktal

Paolo Gianfelici

Vom Vahrnsee (Lago di Varna) zum Schloss Runkelstein quer durch Weinberge, Obstgärten und Kastanienhaine. Neues Leben in Einklang mit den natürlichen Kreisläufen. Der Gewürztraminer des gotischen Kuxenhofs.


Das Eisacktal und die Dolomiten
(Foto P.Gianfelici)

(Foto P.Gianfelici)

Brixen (Terra Italia) – Keschtnweg (Kesten = Esskastanien) und Törggelen (Weinpresse) sind alte Bezeichnungen des Südtiroler Dialekts aus jener Zeit, als die Menschen von den Erzeugnissen des Bodens lebten (Trauben, Honig, Kastanien); idealerweise lebten sie in einer Symbiose mit den Zyklen der Natur. Heute werden die Höfe auf den Hügeln von jungen Familien bewohnt, die von dieser Vergangenheit fasziniert sind. Die aufgegebenen Kastanienhaine werden wieder gepflegt, es wurden neue Weinberge und Obstgärten angelegt.

Der Keschtnweg ist ein Fußpfad, der drei Tage in Anspruch nimmt und am Vahrnsee bei Brixen beginnt. Vorbei an Burgen und Abteien, durchquert man Kastanienwälder, Buschgelände und Wiesen. Der Weg eröffnet Rundblicke auf das Hochgebirge und ermöglicht lange Verpflegungspausen in Ansitzen und Kneipen, um schließlich am Schloss Runkelstein vor den Toren von Bozen zu enden.

An einem Morgen kann man das Teilstück von Felthurns (Velturno) nach Klausen machen. Die Strecke beginnt am Schloss Velthurns, der ehemaligen Residenz der Fürstbischöfe von Brixen. Es ist nicht groß, aber prächtig, mit Intarsien an den Wänden und Türen, vergoldeten Kassettendecken und Freskenzyklen. Wenn man dieses letzte Zeugnis des bürgerlichen Südtirols hinter sich lässt, durchquert man die kleine ländliche Ortschaft Felthurns mit ihren die Höfen, Gärten und Obstanlagen, die auch im Ortskern liegen.

Nach einem Straßenkilometer gelangt man an einen kleinen, sechs ha großen Bauernhof mit einer gepflegten Schweinezucht. Der junge Besitzer zeigt stolz seine Erzeugnisse: Honig, Esskastanien und Wein. Nach einigen Kostproben musste ich seinen Stolz bestätigen. Der Apfelsaft erschien mir hervorragend, obwohl ich nicht gerne pasteurisierte Säfte trinke. Der Geschmack ist so unverfälscht, dass man beim Schlürfen den Eindruck gewinnt, eine Mixtur aus jenen bunten roten, rosa, grünen und gelben Äpfeln zu versuchen, die in Reichweite in Obstkisten liegen. Der Müller-Thurgau ist voller Aroma und leicht säuerlich, was nicht verwunderlich ist: Die Weinberge liegen in einer Höhe von 800 m an der Grenze, wo Trauben gedeihen können. Obwohl wir erst am Morgen sind, schließe ich den Besuch mit ein paar Gläschen Kastanien-Grappa ab und setze meinen Weg durch Wiesen, Obstgärten und Wälder fort. Die Aussicht ist überwältigend. Das Eisacktal ist hier sehr weit, mir gegenüber stehen die Dolomiten mit dem Peitlerkofel (Sass de Putia, 2875 m) und der Geisler-Gruppe (le Odle, 3030 m).

Der Pfad führt fast eben weiter bis zum Moar zu Viersch; dann führt er allmählich hinunter zum Huberhof in Pardell und zum Kloster von Säben (Sabiona), dem „heiligen Felsen“, einem der ältesten und berühmtesten Wallfahrtsorte in Tirol, der Benediktinerinnen gehört. Zu besichtigen ist nur die Marienkirche von Mitte April bis Mitte Oktober.

An den letzten Törggelen-Tagen, dem Herbstfest des neuen Weins, das der Tradition nach vom Martinstag bis Katharina ging (11. und 25. November), aber auch in den anderen Jahreszeiten rate ich sehr zu einem Aufenthalt auf dem Ansitz Kuxenhof auf dem Gebiet der Gemeinde Brixen. Das Gebäude wurde vor 800 Jahren errichtet und im Gegensatz zu vielen anderen Höfen, die restauriert worden sind, bewahrt er deutliche Spuren seines Ursprungs. Ein Besuch lohnt sich, um die mit antiken Möbeln ausgestattete gotische Stube, die Spitzbögen der Gewölbe und den Keller zu besichtigen und selbstverständlich die Weine zu verkosten. Der Besitzer hat 1990 die Produktion von Schnittblumen (Pfingstrosen) und weißen Trauben begonnen. Seine Weine (Sylvaner, Grüner Veltliner, Gewürztraminer und Rheinischer Riesling) werden für nur 8-9 Euro pro Flasche an Spitzenrestaurants in Italien und Deutschland verkauft, wo der Preis selbstverständlich viermal so hoch ist. Wegen der Ertragsbegrenzung wird der Wein des Kuxenhofs nicht in Weinhandlungen verkauft. Ich habe den Südtirol Eisacktaler Veltliner von Peter Pliger, den Südtirol Eisacktaler Sylvaner und den Südtirol Eisacktaler Gewürztraminer probiert. Diese sehr frischen Weine passen sehr gut zu Vorspeisen mit Fischen und Schalentieren.
Info: www.eisacktal.com; info@eisacktal.com


(Foto P. Gianfelici)


Kloster von Säben (Foto P.Gianfelici)

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