verziehen, wenn sie die Ausstellung “Gabriele D’Annunzio. L’uomo, l’eroe,
il poeta” (Gabriele D’Annunzio. Der Mensch, der Held, der Dichter) sehen,
die am 2. März im Museum “Corso della Fondazione Cassa di Risparmio” in
Rom eröffnet worden ist (www.museodelcorso.it).
Die Ausstellung beabsichtigt, ein bestimmtes Bild des 1863 in Pescara
geborenen und 1938 in Gardone gestorbenen Schriftstellers aus der Welt zu
schaffen, demzufolge er als Dandy und dekadenter, dem Hedonismus ergebener
Ästhet gelebt haben soll. Durch Hunderte von Dokumenten aus dem
“Vittoriale”, der vom Dichter persönlich geschaffenen Museums-Residenz am
Ufer des Gardasees, wird die Biografie eines Menschen rekonstruiert, der
dem Prinzip folgte: “Man soll sein eigenes Leben führen, wie man ein
Kunstwerk schafft”.
D’Annunzio war Nationalist, Interventist (Befürworter des Kriegseintritts
Italiens), Kämpfer an vorderster Front im Ersten Weltkrieg, als er schon
die 50 überschritten hatte, und Kommandant der Stadt Fiume (Rijeka), als
diese von seinen Legionären besetzt war. Er war ein Sympathisant des
Faschismus vor und nach dem Marsch auf Rom, immer jedoch mit einer Haltung
der Überlegenheit gegenüber Mussolini. Die Ausstellung ist also mehr
seinen militärischen und politischen Taten als seinem poetischen Werk
gewidmet. In erster Linie geht es dabei um den Flug über Wien (August
1918) mit einem Flugzeug vom Typ SVA 10, von dem aus D’Annunzio nicht etwa
Bomben, sondern Flugblätter in den Farben der italienischen Trikolore
abgeworfen hat, die ein Loblied auf den italienischen Sieg enthielten und
die Bevölkerung zur Kapitulation aufforderten. Im Salon der Ausstellung
befindet sich eine SVA 10 aus der damaligen Zeit mit einer Tragfläche von
240 x 850 cm.
Im Februar 1918 nahm der Schriftsteller mit einem Motorboot “MAS” der
italienischen Kriegsmarine an der “Beffa di Buccari” (Scherz von Buccari)
teil und warf Hunderte von Flaschen ins Meer, die beleidigende Botschaften
an die Adresse der österreichischen Flotte enthielten (gezeigt wird ein
Modell des “Mas” sowie Uniformen und Ausrüstungen der Teilnehmer an der
militärischen Aktion).
Die “Impresa di Fiume” (Unternehmen von Fiume;1919-1920) steht im Zentrum
der Ausstellung: Fahnen in den Farben der Trikolore und mit der Aufschrift
“Fiume o morte” (Fiume oder der Tod), Standarten und Uniformen von
D’Annunzios “Arditi” (Soldaten der Sturmtruppen), zudem in der “Galleria
Sciarra” in Rom der “Fiat Tipo 4”, mit dem D’Annunzio auf die Stadt
zufuhr. Das andere Auto des Schriftstellers, eine “Isotta Fraschini”, ein
Achtzylinder-Kabriolett, wird an der Stazione Termini ausgestellt werden.
Gezeigt wird das originale Manuskript der “Carta del Carnaro”, der
Verfassung der Freistaats Fiume, die gemäß den Organisatoren der
Ausstellung “die Dezentralisierung und die lokale Autonomie” betont und
“ein zukunftsträchtiges Föderalismus-Modell” vorgeschlagen haben soll.
Weiterhin habe sie sich als “ein Modell interethnischen Zusammenlebens”
der in der Stadt gemeinsam lebenden Italiener, Kroaten und Ungarn
verstanden. Es bleibt aber eine Tatsache, dass D’Annunzios Fiume-Abenteuer
die erste große Verletzung der Legalität des liberalen italienischen
Staates darstellte. Die zweite war der Marsch auf Rom (1922).
Ein sehr interessanter Teil der Ausstellung ist die Rekonstruktion der
“Officina”, der Bibliothek und des Arbeitszimmers des Schriftstellers, der
sich als “Arbeiter des Worts” ansah. Die Ausstellung ist bis 1. Juli
täglich von 10 Uhr – 20 Uhr geöffnet; Ruhetag: Montag (Via des Corso, 320
– Rom; Eintritt, voller Preis: 12.000 Lire). Schön ist der Katalog
(Edizioni De Luca; leider nur in italienischer Sprache). Führungen und
weitere Informationen: Tel. 0039-06-6786209.
Lektürehinweise: Jared M. Becker: Nationalism and Culture. Gabriele
D’Annunzio and Italy after the Risorgimento. New York u.a.: Peter Lang
1994; Richard Brütting: “Der Vittoriale degli Italiani und Salò”, in:
Klaus Rother & Franz Tichy: Italien. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft 2000, S. 332ff.