Abendstimmung am Kalterer See
Tramin (Terra Italia) – Die 35 km lange Südtiroler Weinstraße beginnt südöstlich von Bozen unterhalb von Schloss Sigmundskron, das für die Autonomiebestrebungen Südtirols einen hohen Symbolwert hat: Hier fand am 5. Mai 1946 eine historische Protestversammlung gegen das Nein der Siegermächte des 2. Weltkriegs zu einer Rückkehr Südtirols nach Österreich statt. Als Bestandteil des Friedensvertrags mit Italien konnte aber das Südtirolabkommen von 1946 (sog. Gruber-De Gasperi-Abkommen) erreicht werden, das den deutschsprachigen Einwohnern Südtirols „besondere Maßnahmen zum Schutze der volklichen Eigenart und der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung“ zusicherte und die völkerrechtliche Grundlage für das 1972 in Kraft getretene neue Autonomiestatut für Südtirol (sog. Paket) bildete.
Weiter geht es nach Eppan, dessen zahlreiche Burgen, Ansitze und Schlösser inmitten des größten geschlossenen Weinbaugebiets Südtirols liegen. Infolge sehr verschiedenartiger Böden, Höhenlagen und mikroklimatischer Bedingungen gedeihen um Eppan 20 unterschiedliche Rebsorten. Unzählige Hotels (davon acht mit 4 Sternen), Gasthöfe, Frühstückspensionen und Ferienwohnungen erlauben einen entspannenden Urlaub für jeden Geldbeutel, Weinproben in einer der mehr als Dutzend Kellereien eingeschlossen. Traumhafte Badefreuden versprechen die beiden Montiggler Seen, die von Eppan aus leicht erreichbar sind. Empfehlen können wir aus eigener Erfahrung den Gasthof Weißes Rößl in Girlan (www.eppan.com/weissesroessl), wo man für etwa 40 Euro die Halbpension erhält.
Kaltern rühmt sich des wärmsten Badesees der Alpen und der Herkunftsbezeichnung „Kalterer See“. In den verschiedenen Höhenlagen wachsen folgende Rot- und Weißweine: Lagrein, Cabernet, Sauvignon, Cabernet Franc, Pinot nero, Pinot grigio, Pinot bianco, Gewürztraminer, Chardonnay und Müller Thurgau. Angesichts der edlen Tropfen, die längs der Weinstraße erzeugt werden, ist es sehr schade, dass der Ruf der Herkunftsbezeichnung „Kalterer See“ über viele Jahre durch Billigangebote und auch durch gepanschten Wein geschmälert worden ist. Aber seitdem in den 1980-er Jahren moderne Kellertechniken und strenge Qualitätskontrollen eingeführt worden sind, haben die Südtiroler Weine vordere Ränge auf nationaler wie internationaler Ebene erreicht. Die Südtiroler Rebfläche liefert zu 98% DOC-Weine, was der Spitzenplatz in Italien ist. – Eine preiswerte und freundliche Unterkunft ist der von Weingärten umgebene Ansitz Remichhof, der unmittelbar am Kalterer See liegt (Halbpension etwa 50 Euro). Der Zugang zum See und zum Freibad ist im Preis inbegriffen (Tel. +39-0471-960144; E-Mail: office@remichhof.it).
Die Rebfläche Südtirols beträgt knapp 5.000 ha, wovon die Hälfte längs der Weinstraße liegt (www.vinialtoadige.com). Im Weinmuseum von Kaltern kann man sich näher über die Südtiroler Weinkultur informieren (39052 Kaltern an der Weinstraße, Goldgasse 1; Tel. und Fax: +39-0471-963168; E-Mail: Volkskundemuseum@provinz.bz.it; www.provinz.bz.it/volkskundemuseum). Südtirol ist sicher die älteste Weinbauregion im deutschsprachigen Raum, wie u.a. Traubenkerne in einem auf das Jahr 500 v.Chr. datierten Tonkrug beweisen. Jedenfalls trafen die Römer bei ihrem Vordringen in die Alpentäler Südtirols (15 v. Chr., Feldzug des Drusus) auf eine bereits Jahrhunderte alte, von den Etruskern begründete Weinkultur. Auch im Mittelalter waren Südtiroler Rebsäfte sehr begehrt. So beklagte sich der berühmte Südtiroler ‚Liedermacher’ Oswald von Wolkenstein über den ungenießbaren Wein, der den Gästen auf dem Konzil von Konstanz (1414-18) angeboten wurde und verlangte sehnsuchtsvoll nach einem Glas guten „Traminers“.
Mit Tramin sind wir bei einem der Hauptorte der Südtiroler Weinstraße. Aus dem Ort stammt der wegen seines gehaltvollen Bouquets bekannte Gewürztraminer, der im Jahre 2003 mit einem internationalen Symposion in seiner Heimatstadt gewürdigt wurde (wir berichteten). Die Sonnentage erreichen in Tramin Höchstwerte: 278 Mal im Jahr scheint die Sonne an einem (fast) wolkenlosen Himmel.
Die Weinorte des Südtiroler Unterlands sind Kurtasch (dort gibt es ein Weingut in 1050 m Höhe!), Margreid und Kurting. In Margreid, bekannt wegen seiner schönen schmiedeeisernen Fenstergitter aus der Renaissance und dem Barock, wächst die älteste datierte Weinrebe, die seit 1601 gedeiht und immer noch alljährlich bis zu 80 kg Trauben trägt. Bei Salurn, dem südlichen Endpunkt der Weinstraße, bildet die „Salurner Klause“ die deutsch-italienische Sprachgrenze. Viele berühmte Persönlichkeiten wie Martin Luther, Albrecht Dürer, Napoleon und Ludwig Richter waren hier in einem der Renaissance- oder Barockgebäude zu Gast, bevor sie sich auf die weitere Reise durch „Welschland“ machten.
Pittoreske Gasse in Tramin