Campobello di Licata (TidPress) – Zuerst kam die Spitze, dann der Wein. Das ist die Geschichte von Campobello di Licata in der sizilianischen Provinz Agrigent. Die Großmutter verhüllte ihr Haupt mit bestickten Tüchern, die sie sorgfältig zusammengefaltet in einer Schachtel aufbewahrt. Ihre Gesten sind archaisch, wie die Erde Siziliens archaisch und voller Vitalität ist. Seitdem die Familie Bonetta im Jahre 2000 neue Weinstöcke setzte, sprudelte die Energie aus dem weiß schillernden Gips- und Kalkboden. Die Synergie von Kraft und Liebe erzeugt Emotionen. Carmelo Bonetta bekommt nasse Augen, als er von seiner Familie erzählt. „Mein Vater hat viel Arbeit in den Wein investiert. Ich bin ihm deshalb dankbar. Zusammen haben wir die Weinmarke Baglio di Cristo di Campobello neu gestaltet und ihre Qualität verbessert. Eine immense Mühe. So etwas tut man auch für seine Kinder“.
Die junge Generation wirkt weiter im Familienbetrieb mit. „Die Söhne kontrollieren jeden Text, der in unserem Katalog veröffentlicht wird. Auch die Graphik ist ihre Idee“. Die alte Spitze wurde aus ihren Schrein herausgenommen, ihr Muster diente als Modell für das moderne Etikett. Die Großmutter freut sich: Die Tradition stirbt nicht, sie wird immer wieder neu erfühlt und erlebt.
Sizilien, Provinz Agrigent. Die Straße steigt vom Meer in Kurven auf die Höhe der Hügel. Stille, Licht, bebautes Land – ein Mosaik aus Ordnung, kreativem Durcheinander und viel frischer Luft. Die Steinmasken eines alten Brunnens sind das Präludiun zum Weingebiet. Das Auto hält am Straßenrand: „Von hier aus sieht man zum ersten Male unsere Erde“, erklärt Carmelo und zeigt auf eine Gruppe weißer Steine, die das Sonnenlicht der Sonne wie tausend Spiegel reflektieren. „Unsere Weinstöcke sind auf diesen Gipsboden gepflanzt“. Sie erwecken den Eindruck, als ob sich die Trauben mit Juwelen schmücken würden. Licht erzeugt Licht. Zwischen den Weinstöcken von Campobello di Licata steht ein Kruzifix: Am 3. Mai pilgern die Bewohner von Dorf und Umgebung hierher zum traditionellen „Pilligrinaggiu a lu Cristu“. Wein und Christentum erneuern jedes Jahr ihren Pakt in einer großzügigen Landschaft.
Zuversicht steht dem Vater von Carmelo ins Gesicht geschrieben, als er uns im Auto mit Vierrad-Antrieb bei der Besichtigung eines Weinbergs begleitet. „Die Taubenbohne ist dieses Jahr besonders schön“, erklärt er stolz. Lange, hellgrüne Linien sorgen für eine Geometrie der Rebenreihen. Für die im Frühjahr noch ruhenden Trauben wird die Taubenbohne zum natürlichen Düngemittel werden, das vorher fein zermahlen wird. Um die Reben muss man sich konstant kümmern, sie sind der Alltag von Carmelo und seiner Familie. Guter Wein ist kein Zufallsprodukt. Der Weißwein „Adénzia“ heißt „Sich kümmern um“ – eine Name, der das Credo von Carmelo Bonetta ausdrückt.
Sein „Reich“ erstreckt sich über 50 Hektar, die er mit Geduld aus der Vereinigung von zehn verschiedenen Mikrogebieten kreiert hat. „Es gab eine Zeit, als es in Sizilien wenig geregnet hat. Deshalb habe ich einen großen Wasserbehälter bauen lassen, der jetzt unbenützt da steht“. Das wechselnde Klima kann als Alarmsignal oder als gutes Schicksal angesehen werden. In Campobello di Licata ist Grün die Hauptfarbe des weiten Panorama. Die Hügel scheinen von einer höflichen Hand geformt worden. Auf der Spitze halten einige Zypressen wie beim Wandern die Reihe zusammen. Das Auto hält auf dem Hof: Das Landhaus (baglio) ist neu restauriert und da es sich im Schönen besser arbeitet. hat Familie Bonetta auf jede Einzelheit Wert gelegt. Die antike, fein bemalte Holztür öffnet sich auf ein geräumiges Vestibül. Die breite Treppe führt zur ersten Etage. Der Schmiedeeisen-Leuchter ist ein Antiquitätsstück und das Treppengeländer mit ähnlichem Muster ausgearbeitet worden.
Im übersichtlichen Keller werden die Flaschen mit der „Magie“ des Weines gefüllt. Die modernen Aluminium-Behälter werden oben von einer Holzkrone abgeschlossen. Tradition bedeutet im Bonetta-Keller Selbstbewusstsein. Das weite Aromaspektrum der Weine umfasst im „Adénzia“- Rotwein eine Komposition von Zitrus- und Blumennoten. Der gleichnamige Weißwein schmeckt nach Vanille und Brombeeren. Die Grillo-Rebsorte „Lalùci“ ist wie „ein Licht, das enthüllt und erzählt. Weil das, was man vergisst, so erscheint, als ob es nie geschehen wäre“. „Lu patri“ (der Vater) ist Nero d’Avola-Wein, in dem die ganze Tradition der Familie zu Worte kommt und der im Winter auf der höchsten Berghütte die Wärme ins Blut treibt.
Vor dem „baglio“ auf den Hof scheint die Frühlingssonne, als ob sie das Licht der ganzen Erde einsammeln wolle. Carmelo hat alle Hände voll zu tun. Am nächsten Tag muss er nach Deutschland fliegen, um seine Weine zu promovieren. Im Büro diktiert er noch die letzten Anweisungen für die Angestellte. „Er hat nie Zeit“, lächelt sein Vater. Seine Augen drücken Weisheit aus. „Wenn man die Arbeit mit Leidenschaft voranbringt, merkt man nicht, dass Tage, Monate und Jahre vergehen“. Ein guter Tipp, fürs Leben und um Sizilien zu erleben.
Info:
Vie dei sapori
Auf der Webseite www.leviedeisapori.it findet man Informationen über Produkte und Rezepte, um ein kleines Stück Sizilien auch zu Hause vorzubereiten.
Baglio del Cristo di Campobello
Contrada Favarotta
Campobello di Licata – Agrigento
Tel. +39 0922 877709
mail@cristodicampobello.it
www.cristodicampobello.it
30.04.2011