Terra Italia

Ferrara: Eroberung der Künste durch Shakespeare, das romantische Genie ante litteram

Alessandra Riva

Die Begegnung zwischen dem Genie Shakespeares und dem Können bedeutender Maler des XVIII.-XIX. Jahrhunderts ist der Ausgangspunkt einer faszinierenden Ausstellung in Ferrara, die Shakespeare-Liebhaber nicht ungerührt lassen wird. Dazu kommen Musik-, Kino- und Theaterveranstaltungen.




Shakespeare: J.H. Füssli:
Titania umarmt Bottom
(A midsummer night’s dream, IV,1), 1792-93.
Kunsthaus Zürich © 2002 Kunsthaus Zürich

Ferrara (Terra Italia) – Die Mitte Februar eröffnete Ausstellung im Palazzo dei Diamanti ist William Shakespeare gewidmet. Nicht nur in der Dramaturgie und der Dichtung zählen seine Werke zur Weltliteratur, sondern diese hatten auch einen großen Einfluss auf die Bildende Kunst, die Musik und – später – das Kino. Die Kunstschau in Ferrara kann also ein sehr unterschiedliches Publikum interessieren: Künstler und Kunstkritiker werden sich über die Auswahl der Maler aus dem XVIII.-XIX. Jahrhundert (u.a. Hogarth, Runciman, Füssli, Blake, Delacroix, Moreau) freuen, während die Literaten Szenen aus wichtigen Theaterstücken, wie z.B. „Romeo and Juliet“, „Macbeth“, „Ein Sommernachtstraum“, genießen können. Aber auch Leute, die einfach Shakespeare lieben, so wie ich, werden vom Zauber des englischen Genies in den Bann gezogen.

Dank der Empfehlungen der italienischen Veranstalterin Maria Grazia Messina, die mit der Engländerin Jane Martineau von der Dulwich Picture Gallery in London das Kunstevent und den Katalog vorbereitet hat, habe ich die klar in sieben Abteilungen gegliederte Ausstellung mit großer Neugier und mit Genuss besucht. In den zwölf Sälen lassen sich verschiedene Sichtweisen einnehmen. Beispielsweise könnte man vor einem Gemälde stehen, als wäre man ein Zuschauer bei einer Theateraufführung oder ein Leser, der sich ein intimes und privates Bild von einer Szene macht. Man könnte sich auch in die Lage der englischen Maler versetzen, die eine neue Kunstrichtung initiieren wollten, um die künstlerische Vorherrschaft der Franzosen im XVIII. Jahrhundert zu brechen. Sensible Besucher würden die romantische Unruhe in den Bildern Füsslis und anderer Romantiker mitfühlen. Die Werke der Maler der Romantik sind meiner Meinung nach mit ihren Farben und Stimmungen sehr ergreifend, da sie die zugleich furchtbare und schöne Verwirrung der Natur und des Gemütszustandes der dargestellten Figuren zeigen. Wenn man Martins „Macbeth, Banquo und die drei Hexen“ oder Runcimans „König Lear im Sturm“ betrachtet, spürt man die Macht der Elemente.

Eine eher ätherische Atmosphäre verbreiten die ebenfalls faszinierenden Gemälde der Viktorianischen Epoche, die oft Szenen aus „A midsummer night’s dream“ mit Elfen und Feen darstellen. Wir können in diesen Bildern die Flucht der Viktorianer in die Phantasie und die Welt der Magie miterleben.

Interessant sind auch die Erklärungen unter den repräsentierten Themen, die einen Vergleich der Werke erlauben: So ist mir aufgefallen, dass in der Malerei des XVIII. Jahrhunderts die Erscheinung der Hexen im „Macbeth“ ein beliebtes Motiv war. Überhaupt wird das Übernatürliche gerne durch die Gespenster und Alpträume dargestellt, die in Shakespeares Dramen erscheinen.

Zu erwähnen ist, dass sich im Saal 6 eine Abteilung mit Bildern aus den „Shakespeare Galleries“ von John Boydell und James Woodmason befindet, die zur Verbreitung von Shakespeares Ruhm entscheidend beigetragen haben. Eine Auswahl der Illustrationen aus Boydells Sammlung wird man übrigens vom 18. Mai – 29. Juni im Museo dell’Illustrazione bewundern können (Info: Tel./Fax +39-0532-211339; E-Mail: magrilor@libero.it).

Die Ausstellung „Shakespeare nell’arte“ („Shakespeare in der Kunst“) im Palazzo dei Diamanti ist nur der Start eines Projektes des Dirigenten Claudio Abbado mit dem Titel „Shakespeare und die Künste“. Schon Aristoteles hatte über den Zusammenhang aller Künste nachgedacht, und dieses Verhältnis ist der Ausgangspunkt der Veranstaltungen, die in den nächsten Monaten stattfinden werden. Bereits am 15. Februar hat Claudio Abbado ein Konzert des Mahler Chamber Orchestra dirigiert, bis Ende Mai sind weitere fünf Konzerte (am 3. März, 26. April, 5. Mai, 8. Mai und 20. Mai) von „Ferrara Musica“ geplant (Tickets und Reservierungen: Tel. +39-0532-202675). Auch für Theater- und Kinoliebhaber sind Aufführungen im Programm: am 5. April „Fever“ von Nigel Charnok, Michael Riessler & the Virus String Quartet, vom 28.-31. Mai „La tragédie d’Hamlet“ auf Französisch, alle im Teatro Comunale di Ferrara (Tickets und Reservierungen: Tel.: +39-0532-202675); von April bis Juni findet eine Filmretrospektive in mehreren Städten der Region statt (Info: ARCI Nuova Associazione, Contrada della Rosa, 14 – 44100 Ferrara; Tel. +39-0532-241419; E-Mail: ferrara@arci.it; Internetseite: www.arciferrara.org). Schließlich regt der Centro Shakespeariano das Interesse von Schülern und Studenten mit didaktischen Vorschlägen zum Thema Shakespeare an (Info: Tel. +39-0532-418303; Fax +39-0532-418308; E-Mail: v.borghi@comune.fe.it).

Empfehlenswert ist der reichhaltige Katalog der Ausstellung (30,00 Euro, auf Italienisch oder auf Englisch), der neben schönen Abbildungen gut lesbare Aufsätze über die Rezeption Shakespeares in der Kultur enthält.

Info: SHAKESPEARE NELL’ARTE (Ferrara, Palazzo dei Diamanti; 16. Februar – 15. Juni 2003). Internet: http://www.comune.fe.it; E-Mail: diamanti@comune.fe.it und artemoderna@comune.fe.it. Tel. +39-0532-209988 / -204828. Fax +39-0532-203064. Öffnungszeiten: täglich 9.00 – 19.00 Uhr. Eintritt: Erwachsene: 7,30 Euro; ermäßigt 6,20 Euro bzw. 4,10 Euro für Schulen.

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