Europa-Begeisterung eines
Veroneser Radlers
Verona (Terra Italia) – Verona versteht sich als Stadt des Dialogs der Kulturen und des internationalen Ausgleichs. Die Stadt an der Etsch ist auch wichtiger Kreuzungspunkt von Wirtschaftsgütern aus allen vier Himmelsrichtungen.
Bereits in dem um 1200 verfassten „Nibelungenlied“ ist Bern – so der mittelalterliche Name von Verona – der Herrschaftssitz eines Helden namens Dietrich, der als „ehrlicher Makler“ zwischen verfeindeten Völkerschaften erscheint. Dieser Dietrich von Bern, eine epische Umdeutung des Ostgotenkönigs Theoderich d.Gr., will seine Leute aus den blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Burgunden und den Lehensmannen der auf Rache für den Mord an ihren Gatten Siegfried sinnenden Kriemhild heraushalten und ist bemüht, Unschuldige zu retten. Erst als seine eigenen Kämpen verspottet und in einen tödlichen Kampf verwickelt werden, greift er zu den Waffen, um seine Getreuen zu rächen. Insgesamt wird Dietrich von Bern in diesem Heldenepos als das Idealbild eines gerechten Herrschers dargestellt, der beide Seiten zu verstehen sucht.
Wieso aber ist Theoderich d.Gr., dessen historische Hauptstadt Ravenna war, in den Heldensagen zu Dietrich von Bern geworden? Vermutlich deshalb, weil Verona für die Ankömmlinge aus dem Norden, nachdem sie den Brenner- oder den Reschenpass hinter sich gebracht hatten, die erste wirklich „italienische“ Stadt war. In der Tat hat Verona eine einzigartige geographische Lage im Schnittpunkt der Ost-Westachse (Großbritannien/Spanien/Frankreich – Österreich/Slowenien/Ungarn) mit der Nord-Südachse (Deutschland/Österreich – Mittelmeerbecken).
Unübersehbares Zeichen dieser einzigartigen Lage ist das Transport- und Logistikzentrum „Quadrante Europa“ in der Nähe des Flughafens Valerio Catullo und an der Kreuzung der Autobahnen A4 (Turin/Mailand – Venedig) und A22 (Modena – Brenner). Zahlreiche Messen, so Vinitaly und Fieracavalli, bringen eine große Gästeschar aus aller Welt in die Stadt. Genauso wichtig für die ständige Begegnung zwischen den Kulturen ist der Festspieltourismus: Die Aufführungen in der 22.000 Personen fassenden Arena von Verona ziehen jährlich etwa 600.000 Besucher an; etwa die Hälfte davon sind Ausländer, und ca. 24% kommen aus Deutschland. Verona stellt Bettplätze für etwa 35.000 Gäste zur Verfügung.
Infolge der günstigen Verbindungswege nach Nordeuropa ist es nicht verwunderlich, dass in und um Verona nahezu 200 deutsche Firmen teilweise mit der Hauptverwaltung für ganz Italien tätig sind. Beispielsweise ist der Kfz-Sektor mit Autogerma (Volkswagen, Audi), MAN und BMW, die Versicherungsbranche mit ARAG und DAS, der Pharmabereich mit Fresenius, Sarstedt und Paul Hartmann, der Lebensmittelsektor mit Müller Milch, Bayernland, Warsteiner und Kulmbacher vertreten. Weiterhin sind zahlreiche deutsche Transportfirmen in Verona ansässig, u.a. die zwischen Deutschland und Italien verkehrenden Bayerischen Trailerzüge. Deutsche Unternehmensteile machen im Gebiet Verona einen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro und haben etwa 5000 Beschäftigte – mit der Folge, dass das Veroneser Wirtschaftsleben stark von der deutschen Sprache geprägt ist. Hinzu kommen viele Städte- und Hochschulpartnerschaften des Veroneser Gebiets mit Deutschland.
Entsprechend seiner Tradition des Ausgleichs und des internationalen Dialogs versucht Verona, sich auch politisch als eine Stadt des Brückenschlags und der internationalen Kommunikation darzustellen. Dies war auch der tiefere Grund für das (teilweise gescheiterte) Bestreben des Veroneser Bürgermeister Paolo Zanotto, die Missstimmungen zwischen Berlusconi, Prodi und Schröder durch ein gemeinsames Treffen mit europäischer Orientierung in der Stadt an der Etsch zu bereinigen.
Arena von Verona: Carmen.
Szene im 1. Akt