Im vergangenen Oktober wurden während der “Conferenza nazionale del Turismo” in Rom für die ersten sechs Monate des Jahres 2000 einige negative Daten veröffentlicht, die von den folgenden vollständigeren, aber immer noch vorläufigen Informationen überholt worden sind. Welche Trends zeichnen sich für 2001 ab? Gibt es bei den zwanzigjährigen Deutschen ein nachlassendes Interesse für Italien? In welchen Regionen und welchen Tourismus-Segmenten zieht die Nachfrage an und wo ist sie schwach?
Um ein klareres Bild von der Situation zu gewinnen, sind wir zum Büro des ENIT/Ente Nazionale Italiano Turismo, www.enit.it (Staatliches Italienisches Fremdenverkehrsamt) in Frankfurt am Main gegangen und haben uns dort mit Dr. Italo Somarriello, dem Verantwortlichen für Deutschland, Österreich und die Schweiz, getroffen. Herr Somarriello hat die Statur eines feurigen Botschafters des italienischen Tourismus im kalten Mitteleuropea. Auf der Grundlage einer Reihe von Daten zeigte er viel Optimismus für die nahe Zukunft.
Terra Italia: Welche Struktur hat derzeit der deutsche Tourismus-Markt?
Antwort: Das Phänomen der Globalisierung konditioniert weiterhin den Markt. 1990 hatten die größten Reiseveranstalter einen Marktanteil von 20,7%; 1999 betrug er 75,7%. Terra Italia: Wie verkauft sich das touristische Produkt “Italien”? Antwort: TUI (Preussag), der Marktführer bei der deutschen Tourismus-Industrie, registrierte bei den Kunden einen Zuwachs von 5%, insbesondere in Sardinien, Sizilien und Umbrien. In ihren Katalogen widmen die Reiseveranstalter Italien insgesamt 2770 Seiten. TUI, Neckermann, Jahn Reisen, Olimar, Terramar, Wasteels und Dertour haben Kataloge veröffentlich, die Angebote ausschließlich für Italien enthalten. Aufschlussreich ist auch, dass im Jahre 2000 von 20 Verlagen insgesamt 40 neue Reiseführer in deutscher Sprache für Ziele in Italien veröffentlicht worden sind.
Terra Italia: Welche Urlaubsmöglichkeiten sind am attraktivsten?
Antwort: Nach den Informationen, die wir von den Reiseveranstaltern erhalten haben, sind die Segmenti Bade- bzw. Wellness-Urlaub und Thermalkuren im Jahre 2000 sehr gut gegangen, gut die Seen und die Kunststädte, nur mittelmäßig dagegen die Berge und ganz allgemein der Sport- und Aktivurlaub. Terra Italia: Ist es möglich, eine Rangliste der beliebtesten und der unbeliebtesten geographischen Gebiete zu erstellen? Antwort: Nach Aussage der Vertreter der deutschen Tourismus-Industrie gehen folgende Regionen sehr gut: Sizilien, Sardinien und Umbrien; gut gehen die Toskana, die Adria-Küste und die norditalienischen Seen. Mittelmäßig ist dagegen das Interesse für Ligurien, Apulien, Südtirol, das Trentino und Rom. Meiner Meinung nach besteht das Problem bei einigen Regionen wie Apulien und Kalabrien in der unzureichenden Anbindung an Charterflüge. Ebenso möchte ich auf das neue Interesse der Reiseveranstalter für Gegenden wie die Abruzzen hinweisen, die bis vor kurzem nur eine zweitrangige Position hatten. Die Emilia-Romagna ist nicht mehr nur ein “Teutonengrill” an der Adria, sondern wird anlässlich der Feierlichkeiten zum 100. Todestag Giuseppe Verdis neu entdeckt werden. Terra Italia: Wollen die deutschen Jugendlichen nichts mehr von Italien wissen, wenn sie Urlaub machen? Antwort: Mir scheint, nein. Vor allem aber sollten wir unterscheiden: Die Dreißigjährigen interessieren sich sehr für die Kunststädte und die Natur. Bei den Zwanzigjährigen zeigen sich allerdings bereits einige Folgen. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass von Düsseldorf aus täglich fünfzehn Flugzeuge nach Mallorca starten und Pauschalreisen zu sehr niedrigen Preisen angeboten werden. In letzter Zeit sind jedoch die Flugverbindungen zwischen Italien und Deutschland besser geworden. Man braucht doch nur auf Folgendes zu verweisen: Die Zahl der deutschen Passagiere, die in italienischen Flughäfen gelandet sind, hat im letzten Jahr um 10,3% zugenommen. Von Januar bis September 2000 haben deutsche Urlauber mehr als 11,6 Milliarden DM in Italien ausgegeben.
Terra Italia: Welche Ziele sollen im Jahre 2001 erreicht werden?
Antwort: Es geht darum, über die Schwelle von 10 Millionen nach Italien reisender Touristen zu kommen. Der Touristenstrom aus Deutschland geht zu 17% nach Italien. Hier liegen wir an erster Stelle. Wenn wir dagegen nur die Neuen Bundesländer betrachten, so liegen wir mit 13,8 % auf dem zweiten Platz nach Spanien (27,1%). Die Reiseveranstalter signalisieren in den Neuen Bundesländern aber ein Anwachsen des Geschäfts mit dem Produkt “Italien”.