Virtuelles Museum der Scrovegni-Kapelle
(Station 4): Zweite Freskenreihe
Padua (Terra Italia) – Das „Wiegand Multimedia Room“-Projekt wurde konzipiert, um die überragende Kunst Giottos noch eingehender studieren zu können. Mittels einer neuen Technologie (83300 Softwareseiten!) werden alle unsere Sinne einbezogen. Es geht nicht mehr nur um passives Betrachten des Kunstwerks und seiner mittelalterlichen Umgebung, sondern wir können uns auch hörend, lesend und „klickend“ den Fresken der Kapelle und dem XIV. Jahrhundert nähern.
Im giottoblauen Saal kann man zunächst einen 14-minütigen Film genießen. Der Paduaner Adlige Enrico Scrovegni erzählt in der 1. Person die Geschichte der Kapelle und stellt die Fresken sowie einige Episoden aus seinem Leben vor – ein lebhafter und persönlicher Bericht! Die Projektion erfolgt auf Italienisch, aber den Gästen stehen Infrarot-Kopfhörer mit einer Auswahl unter fünf Sprachen (auch Deutsch) zur Verfügung. Leider hört man dieselbe Geschichte, aber auf traditionellere Weise, auch im Vorzimmer der Kapelle.
Nach der Projektion begeben wir uns in das virtuelle und interaktive Netz der Multimedia-Stationen. Wir können auf einem Bildschirm per Mausklick Padua im XIV. Jahrhundert besichtigen oder das Leben und die Werke Giottos entdecken. Im Saal befindet sich auch ein reales Haus der hl. Familie, das der Darstellung auf den Fresken entspricht! Sehr interessant sind auch die Tafeln, welche die Freskentechnik erläutern; daneben steht sogar ein Tisch mit konkreten Materialien und Werkzeugen: Schüsseln mit Farben, Spachteln usw. Zwei andere Videos lenken die Aufmerksamkeit der Besucher: eines berichtet von den Restaurierungsarbeiten, in einem zweiten kann man die ausdrucksvollen Gesichter der Figuren Giottos in Großaufnahme bewundern.
Die spannendste Station ist aber das virtuelle Museum der Scrovegni-Kapelle. Mit einer PC-Maus und einer unkomplizierten Fernbedienung können wir uns wirklich in der Kapelle fühlen. Die Bilder laufen auf einem Bildschirm vor uns ab und – noch beeindruckender! – auf einer Leinwand in Form einer Apsis. Wir können uns innerhalb des Kapellenraums bewegen, uns allen Bildern der Fresken aus der Vogelflugperspektive beinahe „fliegend“ nähern. Die Erklärungen, die man auf Italienisch, Englisch oder Deutsch hören kann, sind vielfach gegliedert: Kommentare zu den dargestellten Szenen und Figuren, über künstlerische Parallelen, Farben, Licht…
Der Multimedia-Saal ist anregend für alle, die Giotto nicht besonders kennen, wie wahrscheinlich die meisten Touristen, die kein Kunststudium hinter sich haben und oft auch keine Zeit (oder Lust) hatten, sich vor dem Besuch entsprechend zu informieren. An Ort und Stelle ist die Information freilich viel reizvoller und eindrucksvoller als in einem Buch! Aber auch Fachleute werden einige Stationen im Saal motivierend finden, weil sie die Details der Fresken mit einem Mausklick genau überprüfen können.
Dies steht im Einklang mit Thesen des Kunstkritikers Vittorio Sgarbi, der meinte, man könne ein erhabenes Kunsterlebnis nur dann fühlen, wenn man beispielsweise auf die Gerüste der Restauratoren der Giotto-Fresken steigt. Erst da erfahre der Zuschauer eine intime, indiskrete und enthusiastische Beziehung zum Kunstwerk! Aber dank der modernen Technologie, die diese Bildnisse für immer speichern und wiedergeben kann, sei es heute jedermann möglich, solche Erfahrungen zu genießen. Und hierin besteht nach Sgarbi der größte Vorzug des Einsatzes von Technologie in der Kunst.
Info: Wiegand Multimedia Room: Multimedia-Saal der Scrovegni-Kapelle; Eintritt: Tageskarte für die Scrovegni-Kapelle (inkl. Vorverkauf) 11,00 Euro; Eintrittskarte nur für den Multimedia-Saal und die Museen (Besuch der Scrovegni-Kapelle ausgeschlossen): 9,00 Euro.
Öffnungszeiten: 8.30-19.00 Uhr. Man darf 30-90 Minuten im Saal bleiben. http://padovacultura.padovanet.it; E-Mail: infocultura@comune.padova.it; Tel.: +39-049-8204563; Fax: +39-049-8204503.
Virtuelles Museum der Scrovegni-Kapelle (Station 4): Erklärungen zur Technik der Farben