Cervara (TidPress) – Abgesondert auf einem Berggipfel, auf einem Felsvorsprung, umgeben von Wiesen und Wäldern, ist Cervara eine Skulptur im Himmel. Um dorthin zu gelangen, fährt man wenige Kilometer auf einer engen und äußerst steilen Straße, die vom Hochtal des Flusses Aniene ausgeht und in Schlangenlinien einen Höhenunterschied von etwa 1000 Metern überwindet.
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Dutzende deutscher Maler der Romantik waren von diesen Orten fasziniert. Angezogen von diesem sich wie ein Schwalbennest an den Fels anklammerndes Dörfchen, stieg z.B. Carl Blechen (1798-1840), seines Zeichens Professor der Berliner Kunstakademie, nach Cervara hinauf. In seinem Skizzenbuch hat Blechen (Berlin, SMOK, Kupferstichkabinett) Gruppen von Frauen festgehalten, die im Freien am Spinnrad arbeiten, ihre Kleinen stillen und sich unterhalten, weiterhin Greise, die sich in den Strahlen der tief stehenden Märzsonne wärmen.
Auch in diesem glühend heißen Sommer des Jahres 2009 plaudern die Alten von Cervara. Sie streiten sich sogar im Schatten der Bäume des Dorfplatzes, der einen Ausblick von oben auf das Tal gewährt. Auf den Stufen der Häuser hüten die Mütter spielende Kinder. Ein Großvater tut desgleichen mit einer Enkelin, liest dabei aber die Zeitung. Einige indiskrete Touristen spähen in die Häuser und gehen die mit Mauerzeichnungen, Malereien auf Majolika und Dichterzitaten verzierten Gassen und Treppen hinauf.
Carl Blechen war vielleicht der erste, aber nicht der letzte Künstler, der von diesem unerreichbaren Ort verlockt worden ist. Rafael Alberti, ein spanischer Dichter, verbrachte viele seiner Tage als Exilant in Cervara. „Als Plastik lebt Cervara am Gipfel eines Bergs aus Fels. Cervara ist eine Skulptur am Firmament, die in den Himmel fliegen würde, trüge sie die Luft. Ich weiß nicht, ob sich die sommerlichen Schwalben bis zu dir vorwagen. Dies frage ich im Tal. Niemand sagt es mir. Du bist so hoch gelegen! Eines Abends, bevor die Kälte kommt, werde ich mit dieser Frage zu dir emporsteigen“.
In den Wiesen oberhalb von Cervara, die von Buchenwäldern mit smaragdgrünem Laub umgeben sind, habe ich allerhand Schwalben beobachtet, die angeleitet von ihren Müttern, Flugversuche machten. Zum Glück flattern die Schwalben immer im Himmer über Cervara. Wie die Bewohner beleben sie immer noch dessen Gassen. Cervara erscheint zwar als ein unerreichbarer Ort, ist jedoch nicht in sich verschlossen. Er ist voller Leben.
Übersetzung: Richard Brütting
07.09.2009
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