Das Heiligtum der Fortuna Primigenia/ Comune di Palestrina
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Palestrina (Tid-press) – Die Ursprünge der knapp 40 km von Rom entfernten Kleinstadt Palestrina, in strategischer Lage in den Vorbergen der Apenninen gelegen, verlieren sich in mythischer Vergangenheit: Gegründet wurde das antike Praeneste von einem Sohn des Gottes Vulcanus oder von einem Sohn des Königs Latinus oder von einem Sohn Circes, den Ulisses gezeugt hatte. Zum Kultort der Fortuna Primigenia, der vor allem wegen ihrer Orakel verehrten Göttin der Fruchtbarkeit, gelangt man von der Stadtmitte aus über steil ansteigende Terrassen. Die Ruinen des majestätischen Heiligtums beweisen das Können seiner Architekten, die in idealer Weise das Bauwerk in die umgebende Landschaft einfügten und einen herrlichen Ausblick auf eine weite Talebene ermöglichten. Im Gegensatz zu seinen hellenistischen Vorbildern konnten sie auf Zement als neuen Baustoff zurückgreifen und dadurch im 2. Jahrhundert n.Chr. eine kühne Konstruktion verwirklichen, die eine von Cicero erwähnte Orakelstätte harmonisch mit einem höher gelegenen Amphitheater und einem Tempel verband.
„Freigelegt“ wurde diese antike Anlage, die im Mittelalter von einer Burg und Häusern überbaut worden war, teilweise durch die Bomben des 2. Weltkriegs. Mitte des 17. Jahrhunderts gestalteten die Barberini frühere Bauten der Colonna um und errichteten einen weitläufigen Palast, der das antike Theater als Freitreppe nutzt. Er beherbergt seit 1956 das Nationale Archäologische Museum für die Ausgrabungen in und um Palestrina und zeigt u.a. das „Mosaico Nilotico“, das größte erhaltene Mosaik aus hellenistischer Zeit. Auf einer Art vielfarbiger Landkarte sieht man mehrere Gebiete Ägyptens während einer Überschwemmung des Nils: den Hafen von Alexandria mit Segel- und Kriegsschiffen, Jagdszenen mit allerhand Getier, eine mit Mauern und Zinnen bewehrte Stadt, den Osiris-Tempel eines Pharaos usw. Ein weiteres bedeutendes Schaustück ist die „Kapitolinische Triade“, eine einzigartige Skulptur, welche die auf Thronen nebeneinander sitzenden Götter Jupiter, Juno und Minerva mit ihren Attributen zeigt, während die Triade ansonsten nur als Abbildung auf Münzen bekannt ist.
Mit dem kulturellen Erbe des Städtchens ist der Name Giovanni Pierluigi da Palestrina (etwa 1525-1594) verbunden; die Statue des Schöpfers polyphoner Kirchenmusik im A-capella-Stil und Komponisten der berühmten „Missa Papae Marcelli“ befindet sich in der Nähe der im 12. Jahrhundert auf antiken Ruinen errichteten Kathedrale Sant’Agapito.
Nach Thomas Mann ist eine steil ansteigende Gasse benannt, die zum Largo Heinrich Mann führt – ehrende Erinnerungen an den Aufenthalt der beiden Schriftsteller in der Casa Bernardini in den Jahren 1895 und 1897. Drei bedeutende Werke der deutschen Literatur stehen hiermit in enger Verbindung:
-Heinrich Mann setzte Palestrina im Roman „Die kleine Stadt“ ein Denkmal als Musterbeispiel für gedeihliches Zusammenleben trotz politischer und ideologischer Meinungsverschiedenheiten.
-In Palestrina begann der junge Thomas Mann die Vorarbeiten für die 1929 mit dem Nobelpreis ausgezeichneten „Buddenbrooks“.
– Das zentrale Teufelsgespräch des 1947 veröffentlichten Romans „Doktor Faustus“ ließ Thomas Mann in eben jener Pension stattfinden, die er vor einem halben Jahrhundert in Palestrina bewohnt hatte.
Seit kurzem befindet sich am Gebäude, das die im 2. Weltkrieg zerstörte Casa Bernardini ersetzt, eine Gedenktafel. Sie erinnert an die „ricerca di se stessi“, an die Suche der Brüder Mann nach Selbsterkenntnis.
Info:
27.04.2006
Der Barberini-Palast über der antiken Kultstätte
Comune di Palestrina |