Zur genaueren Erkundung sollte man zu Fuß oder mit dem Fahrrad am Waltherplatz vom Stadtzentrum Bozens aus starten. Man folgt der Wassermauer-Promenade an der Talfer, einem in die Eisack mündenden Sturzbach. Plötzlich wird man des Gegensatzes zwischen dem Grün und den Gerüchen nördlicher Wälder und den Aromen und Farben der mittelmeerischen Flora gewahr, welche die Abhänge der sich nach Süden öffnenden Talmulde von Bozen bedecken. Die Besucher waren von dem Umstand verwirrt, dass ein “urdeutsches”, auf einem schwindelerregenden Porphyr-Felsen thronendes Schloss inmitten der exotischen Vegetation südlicher Länder liegt: Zypressen umrahmen die Wege, ein Nussbaum und ein Feigenbaum verschönern den Burghof. Im Unterschied zu anderen Burgen mit gleicher touristischer Anziehungskraft ist Runkelstein kein Produkt der phantasievollen Mittelalter-Begeisterung des 19. Jahrhunderts, sondern ein weithin ursprünglicher Bau.
Runkelstein wurde um 1237 von den mächtigen Freiherrn von Wangen als Burg erbaut. Wirkliche Bedeutung erhielt dieses in den Jahren 1386-1413 von den wohlhabenden Brüdern Niklas und Franz Vintler umgestaltete Denkmal durch den Mauerschmuck und die Fresken des Westpalas sowie durch die im Sommerhaus fragmentarisch erhaltenen Darstellungen mit dem Zyklus “Tristan und Isolde”.
Das Spielhaus beherbergt weltliche Wandmalereien mit offensichtlich erotischem Gehalt: Unterhalb einer Ansicht von Schloss Runkelstein vergnügt sich eine Gruppe vornehmer Damen und Herren mit “Füßeln”. Das Ziel dieses Wettkampfs, an dem ein Mann und eine Frau als Kontrahenten teilnehmen, war es, den Gegner mit der Kraft des eigenen Fußes zu Boden zu werfen. Da aber jeder Gegenspieler von einer anderen Person Unterstützung erhalten konnte, bildeten sich seltsame Verflechtungen, fast Anhäufungen von männlichen und weiblichen Individuen, die sich mit den Händen und anderen Körperteilen in einer hocherotischen Lustbarkeit berühren.
Schloss Runkelstein
Schloss Runkelstein