Terra Italia

Trient: Die Ausstellungen im Castello del Buonconsiglio

Paolo Gianfelici

Die Gotik in den Alpen (1350-1450). „Der Monatskreis” im Torre Aquila: elf Fresken über das Alltagsleben der Menschen im Spätmittelalter. Die Ausstellungen in der Hauptstadt des Trentino im Jahre 2003.



Meister Venceslao, Der Monat Januar,
etwa 1400, Trient, Torre Aquila.
Foto: „Gotico nelle Alpi (1350-1450)“.

Trient (Terra Italia) – Während in Florenz zu Beginn des 15. Jahrhunderts mit Donatello, Masaccio und Jacopo della Quercia eine neue Kunstrichtung hervortrat, welche die Einzigartigkeit der menschlichen Natur ins Zentrum stellte, feierten sich immer noch die Höfe der Herzöge von Österreich und von Savoyen, der Grafen von Görz sowie der Fürstbischöfe von Trient und Salzburg selbst und ließen auf Fresken und Gobelins Episoden ritterlichen Lebens darstellen, so das Epos von König Arthur und die Ritter der Tafelrunde. Oder sie beauftragten einen unbekannten Goldschmied aus Konstanz mit der Darstellung der hl. Ursula oder der hl. Emerita in Büsten aus vergoldetem Silber. Die heiligen Frauen haben allerdings nichts Religiöses an sich. Sie sind elegant frisiert und gekleidet wie die Damen der damaligen Zeit und drücken in ihren Gesichtszügen und Blicken eine verwirrende weibliche Faszination aus (s. auch den Artikel von P.G.: „Trient: Als die Alpen noch das Herz Europas waren“, www.terra-italia.net (Archiv/August 2002).

Der kürzlich veröffentlichte Band „Il Gotico nelle Alpi (1350-1450)“ (Die Gotik in den Alpen) stellt auf fast 1000 Seiten und auf Hunderten von Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen die Kunstwerke dar, die am Ende des Mittelalters für die Fürstenhöfe in den Alpen hergestellt wurden. Die Maler und Bildhauer ließen sich von den traditionellen Themen der Vergangenheit inspirieren, betrachteten diese aber mit neuen Augen. Der von der autonomen Provinz Trient herausgegebene Band enthält auch den von Enrico Castelnuovo und Francesca de Grammatica zusammenstellten Katalog der 2002 im Castello del Buonconsiglio und im Trienter Diözesanmuseum ausgestellten Werke.

Wer nach Trient reist, muss die Torre Aquila, den Adlerturm, besichtigen, den der Fürstbischof Giorgio di Liechtenstein an einem abgelegenen Ort errichten ließ, von wo aus aber der Blick über die Stadt, die Fluren und die Berge schweift. Vom Schloss aus gelangt man durch einen sehr langen, im Innern der Stadtmauern angelegten Gang, zum Turm.

„Il ciclo dei Mesi“ (Monatskreis) ist ein Fresko, das auf die vier Wände des Turms gemalt wurde und die 11 Monate des Jahres darstellt (es fehlt der März). Es ist dies ein Dokument, das einen (mit Hilfe eines Audio-Führers) besser als viele historische Bücher verstehen lässt, wie das alltägliche Leben im Mittelalter war.

Die Erzählungen knüpfen gemächlich aneinander an, jede Bewegung scheint von Schweigen durchdrungen zu sein. Der Hauptdarsteller auf den Bildern ist die Menschheit. Sie wird in ihren mühevollen Alltagsbeschäftigungen gezeigt oder auch in den Auftritten edel gekleideter, junger Adeliger, die sich der Jagd, Liebeleien, Spielen und Turnieren widmen. Um die Menschen herum ist die Pflanzen- und die Tierwelt abgebildet. Die Natur ist nicht unermesslich und voller Schauder wie in mittelalterlicher Sicht, sondern freundschaftlich und vom Menschen geordnet.

Der Monat Januar wird durch ein Schloss und eine verschneite Gegend veranschaulicht. Möglicherweise ist dies das erste Bild einer von Schnee bedeckten Landschaft in der Geschichte der westlichen Malerei. Eine Gruppe junger Burschen fordert sich vor einer Zugbrücke zu einer fröhlichen Schneeballschlacht heraus. In der Ferne verfolgen zwei Jäger einen Fuchs mit ihren Hunden.

Die nächsten Initiativen des Museums „Castello del Buonconsiglio“:
Vom 15. März bis 15. Juni 2003 wird die Ausstellung „Con Valentino Rovisi nella bottega del Tiepolo (il metodo di una vera e lodevole imitazione)“ (Mit Valentino Rovisi in Tiepolos Atelier. Die Methode einer wirklichen und lobenswerten Nachahmung) gezeigt. Sie ist dem Trienter Maler des 17. Jahrhunderts gewidmet, der lange im venezianischen Atelier von Giovan Battista Tiepolo studierte und arbeitete.

Vom 21. Juni bis 19. Oktober 2003 findet die Ausstellung „Rifiorir di antichi suoni – Tre secoli di pianoforte“ (Das Wiedererwachen alter Klänge. Drei Jahrhunderte mit dem Pianoforte). Über 50 Pianofortes aus den wichtigsten europäischen Sammlungen werden in den Sälen des Schlosses präsentiert, daneben Gemälde und Drucke mit musikalischen Themen. Die Geschichte dieses Instruments, des Symbols der europäischen Musikkultur, wird von Konzerten, musikalischen Vorträgen, Workshops für Renovierungen und wissenschaftlichen Tagungen begleitet.

Weitere Informationen: Castello del Buonconsiglio, via B. Clesio, 5 – I-38100 Trento; Tel. +39-0461-233770; Web: www.buonconsiglio.it und www.apt.trento.it; E-Mail: info@buonconsiglio.it.


Die hl. Emerita, 1375-1400.
Coira, Domschatz. Foto:
„Gotico nelle Alpi (1350-1450)“.
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