Terra Italia

Vinoro 2003: Messe für Trockenbeerenauslesen und Likörweine

Paolo Gianfelici

Nach Jahren des Niedergangs zeigen sich derzeit neue Perspektiven für die Dessertweine. Die Qualität siegt über modische Tendenzen. Der Marsala hat seine ursprüngliche Identität zurück gewonnen



Marsala: Weingut Florio
(Foto: Archiv Florio)

Marsala: Weingut Florio,
Garibaldi-Saal (Foto: Archiv Florio)

Marsala (Terra Italia) – Porto, Madeira, Marsala sind Namen, die zur Geschichte der großen Weine gehören. Welche Zukunft gibt es für Trockenbeerenauslesen, Süß- und Likörweine? “Vinoro 2003”, die Veranstaltung für Dessertweine und edle Tropfen zum Abschluss eines Menüs, hat vor einigen Tagen in der sizilianischen Stadt ihre Pforten geschlossen. Die Messe lieferte einige Hinweise zum Markttrend und über die neue Qualität der Produkte. Auf einer reich gedeckten europäischen Tafel war diese Weinsorte fast 200 Jahre lang in Mode. Seit Beginn der 1970-er Jahre hat sie zwar an Ansehen verloren, in den letzten Jahren ist jedoch eine Tendenzwende feststellbar. Nach Jahren des Niedergangs und der Aufgabe der Weingärten seitens der Bauern erlebt beispielsweise der Rotwein “Aleatico” von der Insel Elba derzeit einen neuen Frühling der Anerkennung und des Erfolgs.

Ein Winzer, der Vin Santo Trentino herstellt, gestand mir die Schwierigkeiten, diese Weinsorte auf dem deutschen Markt zu verkaufen. Ich probiere ihn: Es ist ein angenehm süßer Weißwein mit vielen Geschmacksnuancen: Er passt bestens zu Käsesorten wie Gorgonzola und Roquefort sowie zu Pasteten. Das Problem besteht vermutlich in der Kommunikation. Der heute im Trentino hergestellte Vin Santo hat einen sehr ausgeprägten Duft und das intensive, ausgewogene Aroma der Zeit vor dreißig Jahren. Die Gärung dauert zwei bis drei Jahre, die Reife in kleinen Eichenfässern noch einmal sechs bis acht Jahre.

Die Techniken der Erzeugung von Süß- und Likörweinen haben sich im Allgemeinen verbessert und sind je nach der Gegend in Italien, wo die Trauben wachsen, auch abwechslungsreicher geworden. In Sizilien, wo es mehr als 250 Sonnentage gibt, enthält die Frucht ein außergewöhnliches Konzentrat an Zucker, Aromastoffen und Geschmacksnuancen, die vom Holz der Barriques verstärkt, aber nicht übertönt werden. Das Ergebnis kann man sehen und vor allem am Gaumen schmecken.

Die Firma Donnafugata produziert Weine, die nach Früchten riechen und schmecken, nicht jedoch nach dem Holz der Fässer, in denen sie gereift sind. Der “Ben Ryé” ist eine Trockenbeerenauslese (in Italien werden die geernteten Trauben vor dem Pressen einige Wochen in speziellen Gebäuden getrocknet ) mit einem sehr intensiven Geschmack von Pfirsichen, Aprikosen und Äpfeln. Der Name des Weins ist arabischer Herkunft, die Rebflächen der Insel Panteleria, auf der die Zibibbo-Traube wächst, sind nur 80 km von der afrikanischen Küste entfernt.

Der edle Ahnherr der Vinoro 2003 war der Marsala, ein Wein, der aber im Laufe der Jahre infolge des Fehlens gesetzlicher Regelungen und einer teilweisen Vernachlässigung der Produktion nicht wenig von seinem Adel verloren hatte. Heute hat der Marsala seine ursprüngliche Identität zurückgewonnen, die vom Ende des 18. Jahrhunderts stammt, als John Woodhouse, ein Händler aus Liverpool, eine Ladung Wein dieser Gegend nach England schickte. Der Wein bestand aus einer Mischung verschiedener Jahrgänge. Um ihn während der Seereise vor dem Verderb zu bewahren, versetzte Woodhouse ihn mit Traubenschnaps. Die Engländer bereiteten ihm einen triumphalen Empfang, u.a. deshalb, weil das Produkt vom “Sun belt” kam, d.h. von jener klimatischen Ellipse, die sich von Portugal bis zur Türkei erstreckt und dabei Sizilien streift.

Heute vereinigt die Vereinigung zum Schutz des Marsalaweins (www.consorziovinomarsala.it) die bedeutendsten Winzer der Gegend, z.B. Florio, Pellegrino, die Gebrüder Fici, Rallo, Baglio Oneto usw. Zu einer Zeit, in der der Gesundheitsgedanke im Vormarsch ist und die Gewohnheit abnimmt, hochprozentigen Alkohol nach einer Mahlzeit zu trinken, kann ein Glas Marsala Vergine (der fünf bis zehn Jahre in Eichen- oder Kirschbaumfässern gereift ist) hervorragend ein Abendessen abschließen.

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